Essen. . „Kein Bergmann fällt ins Bergfreie“, dieses Motto galt stets beim Bergbaukonzern RAG. Nun kommt es überraschend zu betriebsbedingten Kündigungen.

Ein halbes Jahr nach dem Ende der Steinkohleförderung in Deutschland will der Bergbaukonzern RAG erstmals in seiner Geschichte Mitarbeitern betriebsbedingt kündigen. Etwa 200 Bergleute sind davon betroffen, wie ein Unternehmenssprecher am Freitag sagte. Sie hätten alle Angebote des Unternehmens ausgeschlagen, zu einem anderen Arbeitgeber zu wechseln. Deshalb bleibe der RAG keine andere Wahl, als Kündigungen auszusprechen.

„Wir haben versucht und werden auch bis zuletzt versuchen, alle Kollegen in neue Jobs zu bringen. Aber sie müssen sich auch helfen lassen“, sagte der Sprecher. Für Bergleute, die bei der RAG auf keinen anderen Arbeitsplatz wechseln könnten, gebe es auch einen Sozialplan mit einer Transfergesellschaft, um sich weiterqualifizieren zu können. Außerdem seien ihnen Abfindungen angeboten worden.

IG BCE wirbt für Jobangebote

Auch die Gewerkschaft IG BCE hatte die Bergleute aufgefordert, die Jobangebote anzunehmen. Diese auszuschlagen sei „wirklich fahrlässig“, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Michael Vassiliadis in einem Interview für das Mitarbeitermagazin der RAG. Die Betroffenen sollten nicht „die bewährte Solidargemeinschaft“ im Bergbau aufkündigen. Für Jobs in anderen Branchen gelte, dass es „ein wirklich zumutbarer, guter Arbeitsplatz“ sein müsse.

Ein Rechtsanwalt, der mehrere der betroffenen Bergleute vertritt, widersprach der RAG. Zahlreiche RAG-Beschäftigte hätten keine oder keine adäquaten Jobangebote erhalten, sagte Anwalt Daniel Kuhlmann. Die Bergleute wollten die Kündigungen vor Gericht überprüfen lassen und die Weiterbeschäftigung erreichen. Bei der RAG gebe es noch genügend Arbeit, die derzeit von Drittunternehmen oder Leiharbeitnehmern ausgeführt werde.

Tausende Arbeitsplätze sozialverträglich abgebaut

Die RAG habe allein in den vergangenen 20 Jahren mehr als 80.000 Arbeitsplätze sozialverträglich abgebaut, sagte der Unternehmenssprecher. Rund 40.000 Beschäftigte hätten dabei berufliche Perspektiven außerhalb des Bergbaus gefunden. Bergleute wechselten unter anderem ins Handwerk und in Pflegeberufe. Wer 25 Jahre unter Tage gearbeitet hatte, konnte mit 50 in den Vorruhestand gehen.

Die Steinkohleförderung in Deutschland war im vergangenen Dezember mit der Schließung der Zeche Prosper-Haniel in Bottrop beendet worden. Dort laufen noch Rückbauarbeiten, für die aber nicht mehr viele Bergleute benötigt werden. Andere Kumpel kamen bei der sogenannten Wasserhaltung unter, die unter anderem verhindern soll, dass sich das salzige und mit Metallen belastete Grubenwasser mit dem Grundwasser vermischt. (dpa)