Bottrop. . Parteien reagieren entsetzt auf hohe Schadstoffbelastung im Bottroper Süden. Anwohner-Initiative schreibt Offenen Brief an Umweltministerinnen.

Mitglieder der Bürgerinitiative in der Nachbarschaft der Kokerei Prosper wollen wegen der hohen Belastung des Gemüses in ihren Gärten mit krebserregenden Stoffen Strafanzeige gegen Verantwortliche der Kokerei stellen. „Wir werden hier durch Arcelor Mittal Bottrop kontinuierlich verseucht“, klagt Sprecherin Beate Krzykawski in einem Offenen Brief an Bundesumweltministerin Svenja Schulze und Landesumweltministerin Ursula Heinen-Esser.

Auch die DKP kündigte eine Strafanzeige an. „Die DKP wird bei der Staatsanwaltschaft Essen gegen die Kokerei Anzeige wegen Gefährdung der Gesundheit der Menschen im Bottroper Süden erstatten“, sagte DKP-Ratsherr Michael Gerber. Die Gesundheitsgefährdung der Bewohner des Bottroper Südens müsse schnellstens beendet werden, fordern DKP sowie die Bottroüper Grünen.

Städt rät vom Verzehr des eigenen Gemüses ab

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Die Stadt rät wegen der Schadstoffbelastung dazu, in Welheim sowie in Teilen der Stadtteile Boy und Batenbrock bestimmte Gemüsesorten nicht mehr zu essen. Nicht verspeisen dürfen die Anwohner Grünkohl, Mangold, Spinat, Pflücksalat wie etwa Lollo Rossa, Feldsalat, Rucola, Rübstiel sowie Staudensellerie. Auch zu Kräutern aus den eigenen Gärten sollen sie nicht greifen. Die Ortsteile liegen im Umkreis der Kokerei Prosper. Die Behörden sehen die Kokerei auch als Verursacherin der Schadstoffbelastung an.

„Es gibt so viele Menschen hier in Bottrop, die aus finanziellen Gründen, aus gesundheitlichen Gründen Obst und Gemüse selbst anbauen, da man heutzutage nicht weiß was man wirklich kauft“, meint Anwohner-Sprecherin Beate Krzykawski. „Und nun muss man auch noch Angst haben, die Früchte seiner eigenen Arbeit aus dem Garten zu ernten“, kritisiert sie und weist darauf hin, dass viele Bürger das Gemüse vor der Verzehrwarnung ja längst geerntet und verspeist haben.

Grüne reagieren entsetzt auf Schadstoffbelastung

Von Spinat aus dem eigenen Garten sollten Bürger im Bottroper Süden die Finger lassen
Von Spinat aus dem eigenen Garten sollten Bürger im Bottroper Süden die Finger lassen © WAZ

Auch die Bottroper Grünen reagieren entsetzt. „Die Ergebnisse sind für die Menschen in Welheim, für die Kleingartenbesitzer dort ein schwerer Schlag“, meint Fraktionsvorsitzende Andrea Swoboda. „Nach all den Fragen, was man von dem dort angebautem Gemüse noch essen kann, wie sich das auf Tiere und gerade Kleinkinder, die ja alles in den Mund nehmen, auswirkt, kommt nun diese Information“, kritisierte sie.

Die Grünen fühlen sich auch schlecht informiert. „Als wäre das Ergebnis nicht schon schlimm genug, stehen wir vor absolut unzureichenden Informationsabläufen in unserer Stadt“, bemängelt Sigrid Lange, die umweltpolitische Sprecherin der Grünen. „Gesundheitsschutz beginnt mit der Aufklärung, und da sieht es sehr schlecht aus im Bottroper Süden“, meint auch Grünen-Ratsfrau Jessica Kühn.

Schadstoffwerte sind zwanzig mal so hoch wie im Land

Die Warnungen der DKP vor der Umweltbelastung und die Beschwerden der Bürger vor den gesundheitlichen Gefahren durch die Kokerei seien lange Zeit nicht ernst genug genommen worden, beklagt DKP-Ratsherr Michael Gerber. „Die Untersuchungsergebnisse des Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Verbraucherschutz über die Belastung von Blattgemüse im Umfeld der Kokerei zeigen jetzt die ganze Dramatik der Umweltvergiftung im Bottroper Süden“, sagte der Bottroper.

In Welheim sei das bis zu Zwanzigfache der sonstigen Belastung an Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen in NRW festgestellt worden. Auch die Benzo(a)pyren-Werte werden in Welheim um das Zehnfache der landesweiten Belastung überschritten. „Kein Wunder, dass der Krebsatlas im Bottroper Süden den höchsten Wert in Deutschland ausweist“, meint Michael Gerber.

Ratsherr klagt über hohe Krebsrate in Bottrop

Die Warnung vor dem Verzehr von Blattgemüse aus den Gärten in Welheim und Batenbrock zeigen das ganze Ausmaß der Umweltvergiftung durch die Kokerei auf. Gerber zitiert das Landesumweltamt, wonach polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe und Benzo(a)pyren Substanzen seien, „die mit großer Wahrscheinlichkeit für den Menschen kanzerogen sind. Für solche Substanzen kann per Definition keine Dosis ohne theoretisches Krebsrisiko abgeleitet werden.“

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Der Ratsherr wirft Oberbürgermeister Bernd Tischler vor, dieses Problem zu verharmlosen. „In der Gartenstadt Welheim und in Batenbrock sind viele Menschen darauf angewiesen, sich mit Gemüse aus dem eigenen Garten zu versorgen“, meint Michael Gerber. Es sei alarmierend, dass sich in dem Gebiet mit den höchsten Schadstoffwerten ausgerechnet das Welheimer Schulzentrum Welheim und der Sportplatz Welheim befinden.