Bottrop. . Feste Ansprechpartner schaffen Vertrauensbasis. Die Themen reichen von Parkplatzkonflikten bis hin zu den möglichen Gefahren durch Radikalismus.
Knapp 60 Moscheen gibt es im Bereich des Polizeipräsidiums Recklinghausen; sieben alleine in Bottrop. Zu ihnen halten zwei Kontaktbeamte der Polizei für muslimische Institutionen Verbindung als feste Ansprechpartner, die sich interkulturell gut auskennen.
„Es spricht sich leichter, wenn man sich kennt“, sagt Kriminalhauptkommissarin Meike Mintel (50). „In der Kultur, aus der die Muslime kommen, spielen persönliche Kontakte eine große Rolle“, ergänzt ihr Kollege Rainer Dohrn (54). Gewachsenes Vertrauen könne bedeuten, dass man als Polizei mehr erfahre. Und ein gemeinsames Interesse verbinde beide Seiten mit Blick auf die möglichen Gefahren durch Radikalismus.
Probleme frühzeitig erkennen
Grundsätzlich geht es auch darum, Probleme frühzeitig zu erkennen. Das fange im Kleinen an. Meike Mintel nennt ein Beispiel: „An eigentlich jeder Moschee gibt es mindestens freitags eine Parkplatzproblematik.“ Zu muslimischen Feiertagen oder auch bei Totengebeten könne es einen großen Andrang geben. „Unsere Botschaft ist, vorher die Polizei zu verständigen. Dann können wir vielleicht einen Wagen hinschicken und vor Ort nach der Ordnung schauen.“
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Rainer Dohrn ergänzt: „Wir tauschen uns in allen polizeilichen Themen aus. Zum Beispiel, wenn Eltern im Moscheeverein sich Sorgen machen, weil eine Spielhalle in der Nähe ist oder Drogen in der Stadt im Umlauf sind.“ Aktuell haben die Attentate auf zwei Moscheen in Neuseeland die Muslime vor Ort stark beunruhigt, erzählt Mintel, „da kamen dann noch antimuslimische Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken hinzu“.
Moscheen als Frühwarnsystem
Und welche Rolle spielt auf der anderen Seite radikaler Islamismus? „Die Moscheen fungieren da auch als eine Art Frühwarnsystem“, sagt Meike Mintel. „Wir sprechen darüber. Die Religionsgemeinschaften hier nehmen den Aufruf zur Gewalt selbst als Verzerrung ihrer Religion wahr. Wir haben da ein gemeinsames Interesse.“ Rainer Dohrn ergänzt: „Sie können davon ausgehen: Wer in den Moscheegemeinden vor Ort sozialisiert wird, ist eher immun gegen salafistische Prediger.“
Anfällig dafür seien eher Menschen, die den Islam nicht so gut kennen – „wobei es immer Ausnahmen geben kann“. Gelegentlich gebe es Hinweise aus Moscheegemeinden, die sich sorgen, weil fremde Muslime sich an Jugendliche ranmachten – „das kommt aber nicht häufig vor“, versichert der Hauptkommissar.
Beamte geben Tipps, wie Moscheen sich transparenter aufstellen können
In Bottrop gibt es keine optisch repräsentative Moschee. Dennoch seien diese – neben Treffpunkten für gläubige Muslime – wichtige soziale Anlaufstellen, Gesprächsorte. „Wenn eine Moschee im Hinterhaus liegt, wirkt sie manchmal abgeschotteter, als die Verantwortlichen das möchten“, weiß Mintel. „Wir geben deshalb auch Tipps, wie Moscheen sich transparenter aufstellen können, dass sich auch Anwohner und Nachbarn trauen, vorbei zu kommen.“ Die Kontaktbeamten jedenfalls berichten von überwiegend positiven Kontakten, „das liegt immer an den handelnden Akteure vor Ort.“
Die beiden Fachleute bilden ihre Kollegen fort
Über die Jahre hätten Berührungsängste abgenommen, sei das Vertrauen gewachsen. „Wir als Kontaktbeamte wissen auch: Es gibt nicht den einen Islam, die Muslime, die Moschee“, das gelte es differenzierter zu betrachten. „Wir kennen uns aus, und unsere Expertise wird geschätzt.“ Von den muslimischen Organisationen – aber auch intern, wo die beiden ihre Kollegen rund um die Themen Islam und interkulturelle Kompetenzen fortbilden und eine Brückenfunktion wahrnehmen. Netzwerkarbeit spielt für die beiden Beamten sowieso eine große Rolle, „mit Integrationsräten und -beauftragten oder hier in Bottrop mit dem Kommunalen Integrationszentrum“.
Konzept wurde 2005 auf Bundesebene entwickelt
Der Einsatz der Kontaktbeamten hat laut Meike Mintel diesen Hintergrund: „2005 haben sich Sicherheitsbehörden und muslimische Organisationen, unter anderem der Zentralrat der Muslime in Deutschland, zusammengeschlossen, um ein Konzept zu entwickeln über vertrauensbildende Maßnahmen.“ Oberthema sei die Stärkung des Vertrauens gewesen. „Man sah Nachholbedarf im Verständnis füreinander.“ Das führte zu der Idee, feste Ansprechpartner zu installieren, die langfristig und niederschwellig Kontaktangebote machen.
Seit 2008 ist Kriminalhauptkommissar Rainer Dohrn als Kontaktbeamter für muslimische Institutionen im Polizeipräsidium Recklinghausen im Einsatz. 2015 kam Kriminalhauptkommissarin Meike Mintel dazu. Sie ist hauptsächlich für Bottrop zuständig.
Struktur ist vergleichbar mit der von Bezirksbeamten
Letztlich sei die Struktur der Kontaktbeamten vergleichbar mit der von Bezirksbeamten, die in den Stadtteilen als Ansprechpartner für die Bürger unterwegs – und bekannt – sind. Die Kontaktpflege, der Besuch von Veranstaltungen wie Gemeindefesten und Fastenbrechen-Abenden gehört zum Job. „Meist sind wir Anlass unabhängig im Einsatz, gehen auf die Moschee-Gemeinden zu“, so Dohrn. Kriminalprävention und Opferschutz zählen dann mit zu den Themen.
Zum 2005 auf Bundesebene gemeinsam vereinbarten Konzept gehört auch die interne Präventionsarbeit der islamischen Verbände – gegen Radikalisierungstendenzen und die Anwendung von Gewalt.