Bottrop. . Gleich zwei Generationen von Nachwuchsmusiker greifen beim Spielmannszug „Frei Weg“ zu den Instrumenten. Der Sinn für Gemeinschaft treibt sie an.
Der erste Paukenschlag hallt wie ein Donnerhall durch den Probenkeller im Bonifatiusheim. Schnell stimmen auch die anderen Musiker des Spielmannszuges Frei Weg mit ein. Viele der Musiker haben den Karnevalsklassiker „Und dann die Hände zum Himmel“ schon unzählige Mal angestimmt.
Jeder Handgriff am Instrument sitzt. Leonie (9), Sophie (11) und Angelina (11) haben diese Routine noch nicht. Die drei werden gerade erst im Fuhlenbrock zu Spielleuten ausgebildet.
Instrumente werden bei den Proben gelernt
„So viele junge Leute bei uns zu haben, ist ein absoluter Glücksfall“, sagt Ehrenstabführer Manfred Hartmann. Im Raum packt der Nachwuchs gerade die Instrumente aus.
Zwei Generationen sind es mittlerweile. Sandra Schlüter (20), Karina Wilkin (16) und Giuliana Wieschus (19) sind in ihrem Alter schon alte Hasen im Geschäft. Jede von ihnen spielt seit rund einem Jahrzehnt für verschiedene Vereine.
Der Anfang war gar nicht so leicht. Denn: Keiner hat vorher ein Instrument gelernt. „Bei vielen kommt es erst, wenn sie hier anfangen“, weiß Manfred Hartmann, der selbst seit über 50 Jahren ein Spielmann ist. „Die ersten Töne kamen beim Üben raus. Ob die dann auch gerade waren, ist eine andere Sache“, erinnert sich Giuliana Wieschus. Sandra Schlüter stand als Kind zum Üben vor dem Spiegel, weil sie die Löcher der Flöte mit den Fingern nicht traf. Heute spielt sie Flöte und Trommel.
Für letzteres hat sich auch Leonie entschieden. Das Instrument baumelt bei den Proben an einer Gurtkonstruktion um ihren Oberkörper. Den Blick hat sie auf das Blatt mit den Hilfsnoten gerichtet. Strich für Strich, Punkt für Punkt hangelt sie sich musikalisch voran.
Die Spielleute werfen Konfetti
Leonie probt für Karneval. Während sie vor Freude über die anstehende Spielpraxis jubelt, sind die anderen eher zurückhaltend. „Es ist ziemlich anstrengend einen Zug mitzulaufen“, weiß die elfjährige Angelina. Da können ihre älteren Kolleginnen nur nickend zustimmen. „Unser längster Zug dauerte viereinhalb Stunden“, erinnert sich Giuliana Wieschus.
Nicht nur die Länge sei eine Herausforderung, auch der Zug an sich. „Es gibt Menschen, die benehmen sich massiv daneben“, sagt Karina Wilkin ernst. „Wir sind schon mit kleinen Schnapsfläschchen abgeworfen worden oder man hat versucht, uns die Instrumente wegzunehmen“, ergänzt Wieschus.
Trainiert wird bei „Frei Weg“ immer montags
Der Spielmannszug „Frei Weg“ wurde 1997 aus einem anderen Zug heraus gegründet. Probe ist immer montags von 18 bis 20 Uhr im Bonifatiusheim, Im Fuhlenbrock 184.
Den Stab und somit die Führung des Zuges übernimmt Tanja Wickers von ihrem Vater Manfred Hartmann. Wer Interesse hat: 02041 96144.
Bei den meisten Zügen überwiege das Positive. „Es ist einfach schön gute Stimmung unter den Menschen zu verbreiten“, verrät Sandra Schlüter ihren Antrieb. „Wir sind außerdem die einzigen Spielleute, die die Taschen voller Konfetti haben. Damit konnten wir so manchen überraschen und zum Lachen bringen“, fügt Karina Wilkin hinzu.
Familiäre Stimmung
Klingt nach Spaß. „Ist es auch. Wir sind eine kleine Familie“, sagt Giuliana Wieschus. „Viele in unserem Alter sehen das aber als eher uncooles Hobby und machen dann auch schon mal ihre Sprüche. Wahrscheinlich weil sie die Tradition dahinter gar nicht mehr kennen.“
Ans Aufhören hat Giuliana Wieschus aber auch schon mal gedacht. Nicht wegen der Sprüche. „Mit Schule und allem, ist es schon viel“, gibt sie zu. Aber mit Blick in die illustre Runde und zu Sandra Schlüter und Karina Wilkin verfliegen diese Gedanken schnell wieder. Der Nachwuchs schlüpft weiterhin gern in die Uniform. „Es sind die Gemeinschaft und der Zusammenhalt. Das macht den Zug aus“, sagt Sandra Schlüter.