Bottrop. . Ralf I. und Michelle I. feiern mit den Narren auf dem Rathausplatz. Eine Auszeichnung gab es natürlich wieder für die beste Fußgruppe des Zuges.
Um 13.06 Uhr gibt Oberbürgermeister Bernd Tischler auf, Ralf I. und Michelle I. entreißen ihm den Schlüssel und übernehmen die Macht. Die Party auf dem Rathausplatz ist damit auf dem Höhepunkt, die Narren haben endgültig das Kommando übernommen.
Wobei der Oberbürgermeister auch nicht lange Widerstand leistet. Ihm sei kalt, so seine Entschuldigung, andere munkeln dagegen – mit Blick auf die Rathausbaustelle – er sei froh, „die Bruchbude los zu werden“.
Die Tollitäten behaupten, sie hätten den OB schwindelig getanzt
Eine andere Erklärung haben dagegen die Tollitäten. Sie hätten den OB schlicht schwindelig getanzt. Vielleicht war es aber auch taktisch klug, dass das Festkomitee seinen Orden zuvor an den Bundestagsabgeordneten Micheal Gerdes gegeben hatte – der sollte den OB eigentlich bei der Verteidigung unterstützen.
Wie dem auch sei, stattdessen stürzt sich der OB in Bergmannskluft wieder ins Getümmel vor der Bühne und tanzt sich warm. Auf der Bühne tanzt derweil das Prinzenpaar und fordert alle auf mitzumachen. Ralf I. dazu: „Am 11. 11. haben wir angefangen und wir haben damals gesagt, an Rosenmontag wollen wir mit dem ganzen Rathausplatz tanzen.“ Es ist zwar eng, aber es wird getanzt. Sehr zur Freude der Tollitäten, die den Tanz zu ihrem Motto gemacht haben.
Das übliche Winken vom Rathausbalkon muss in diesem Jahr ausfallen
Doch in diesem Jahr entfällt das übliche Winken vom Rathausbalkon – die Baustelle lässt das nicht zu.
Ein wenig traurig sei das schon, sagen Ralf und Michelle, doch auch auf der Bühne und später im Saalbaufoyer lässt sich ordentlich feiern. Das Prinzenpaar jedenfalls genießt den Rosenmontag in vollen Zügen. „Es ist einfach toll. Es waren so viele Leute an der Strecke und haben gefeiert, super!“, freut sich die Prinzessin. Das ihre Stimme inzwischen etwas angegriffen ist – egal, auf der Bühne hilft das Mikrofon. Überhaupt hätten sie die Session sehr genossen und überall ein gutes Publikum gehabt, sind sich die beiden einig. Aber auch für den Bottroper Karneval waren die beiden sympathischen bodenständigen Majestäten ein Gewinn.
Später, im Saalbau, beim quasi letzten Auftritt, sagt Michelle, dass sie auch „verdammt traurig“ sei. Denn irgendwie ist es jetzt vorbei. Als Kinderprinzessin sei es nicht so schlimm gewesen. „Da habe ich mir gesagt, irgendwann wirst du Stadtprinzession.“ Das hat geklappt, aber für Bottrop gilt die Regel, dass wer einmal Prinz oder Prinzessin war, es nicht wieder werden kann.
Und die beste Fußtruppe ist ....
Hektisch geht’s dann bei der Auszeichnung der besten Fußgruppe zu. Die Jury hat sich entschieden, den närrischen Hoppeditz an die Truppe vom Grusellabyrinth zu vergeben. Als „Monsterparty“ waren sie im Zug mitgelaufen. Doch bei der Auszeichnung sind sie verschwunden, tauchen auch nicht wieder auf.
Stattdessen entscheidet sich die Jury, den Preis an die Zweitplatzierten zu vergeben. Es freuen sich also die Pampersbomber – eine Gruppe nicht mehr ganz so junge Babys – über den Hoppeditz und die 333 Euro, die die Volksbank für die beste Fußgruppe springen lässt. Die Truppe will das Geld für einen Wagen beim nächsten Zug einsetzen.
Im Saalbau wird kräftig gefeiert
Im Saalbau wird mindestens so kräftig gefeiert wie sonst im Ratssaal. Und wer aufmerksam durch den Saal schlenderte, entdeckte lokale Politprominenz in etwas anderer Aufmachung: als Ritter, Polizisten, Mönche, Leoparden oder auch Marquise von der Thomastraße.
Hier noch ein paar Sätze zum Umzug
Der Bottroper Rosenmontagszug ist in diesem Jahr ein voller Erfolg: Die Straßen sind gefüllt von gut gelaunten Karnevalisten, die gemeinsam auf die Wagen und Zuggruppen warten. Freundesgruppen sind in Hühner-, Gefangenen- oder Superhelden-Kostümen unterwegs, sie nehmen bei strahlendem Sonnenschein das erste Kaltgetränk zu sich. Familien stehen mit ihren Kindern am Wegesrand. Große und kleine Narren haben bunte Tüten, Behälter und Schirme dabei, um Kamelle aufzufangen. Eindeutig im Trend liegen in diesem Jahr Verkleidungen als Mini-Maus, Einhorn oder Teufel.
Neue Moderation findet Anklang bei Gästen
Dann setzt sich der Zug mit seinen 34 teilnehmenden Gruppen in Bewegung, und der Bonbon-Regen prasselt von oben auf die Jecken herab. Die drei mitlaufenden Kapellen spielen Karnevalshits und Stimmungsklassiker. Von den farbenfroh geschmückten Festwagen grüßen die Bottroper Karnevalisten die Zuschauer, sie erhalten ein dreifaches „He-lau“ als Erwiderung. Die Mitglieder der Karnevalsgesellschaften winken den Besuchern zu, diese lassen sich von dem jecken Treiben gern mitreißen.
Die erste Kapelle des Tages
Auch die neue Kommentatoren-Stelle am RAG-Gebäude kommt bestens an. Von hier aus gesellt sich Festkomitees-Mitglied Marc André Czysch unter die Zugteilnehmer; er lässt sie in kurzen Interviews zu Wort kommen. Der Moderator hat sich selbst in Schale geworfen, er läuft mit Pickelhaube und rot-blauer Uniform durch die Reihen. „Die erste Kapelle des Tages ist der Jugendmusikchor Essen Schönebeck. Er ist seit 24 Jahren dabei, 46 Personen marschieren mit. Das älteste Mitglied ist 69 Jahre alt, das jüngste ist fünf“, so Czysch. Die Gäste erhalten am Gleiwitzer Platz launige Informationen zum Zugverlauf. Höhepunkt der Schau ist nach Meinung des Fachmanns der Prinzenwagen, der allein schon durch seine Höhe und Größe aus der Masse heraussticht. Zudem sorgt die Fußtruppe vom Grusellabyrinth NRW für großes Aufsehen, die dieses Jahr zum ersten Mal mitläuft.
Igor und der Tod stechen auch den beiden Freundinnen Sabine (48) und Gitti (50) direkt ins Auge. Die bunten Vögel nehmen seit zehn Jahren gemeinsam mit ihrer Clique am Straßenkarneval teil.
Schrille Paradiesvögel am Straßenrand
Die Gruppe war schon als Piraten- oder Cowboybande verkleidet. Nun sollten es schrille Paradiesvögel sein. „Wir sind eben Bottroper. Für uns ist der Zug Pflichtprogramm. Die Moderation finden wir klasse, man erfährt vieles, was man so gar nicht wusste“, sind sich die Damen einig.
Martin Bongers (47) hat mit seinem Sohn Leandro (9) an der Schützenstraße Stellung bezogen. Die beiden Karnevalsfans geben originalgetreue Mozart-Imitatoren ab. Sie schieben einen Flügel vor sich her, ihre Perücken sind von Weitem zu sehen. „Die Kostüme gehören seit drei Jahren einfach dazu.“ (mahu)
Drei Fragen an Frank Feser, den Präsidenten des Festkommitees
Frank Feser ist seit dieser Session Vorsitzender des Festkomitees. Jetzt zieht er im Gespräch mit der Lokalredaktion eine erste kurze Bilanz am Rosenmontag.
1. Der erste Rosenmontagszug als Stadtpräsident liegt hinter Ihnen, sind Sie zufrieden?
Feser: Ich bin mit der Session sehr zufrieden, die Karnevalisten haben alle an einem Strang gezogen. Klar gab es auch Reibereien, aber nach außen sind wir einig aufgetreten. Natürlich hat jede Gesellschaft ihre Art zu feiern und ihren ganz besonderen Karneval, doch wenn man Respekt voreinander hat, dann kann man auch gemeinsam feiern und hier etwas auf die Beine stellen. Klar gibt es immer noch Sachen, die wir verbessern könne, da arbeiten wir auch dran.
2. Welchen Anteil hatte das Prinzenpaar an dem Erfolg in dieser Session?
Wir hatten ein super Prinzenpaar. Die beiden sind sympathisch und auch immer bestens vorbereitet auf den Veranstaltungen. Besser geht es nicht. Die beiden sind ja auch super angekommen und überall bejubelt worden, nicht nur hier auf dem Rosenmontagszug, sondern auch auf den Veranstaltungen, die sie besucht haben. Sie sind wirklich überall gut rübergekommen.
3. Wie geht es jetzt weiter?
Ich habe Dienstag schon die erste Sitzung für die nächste Session. Um 13 Uhr wird der Wagen abgebaut, um 17 Uhr trifft sich der Vorstand der KG Boy und wir planen für die nächste Session. Und auch beim Festkomitee geht es weiter, wie gesagt, wir überlegen, was wir verbessern können. So war es diesmal beispielsweise bei der Zugaufstellung etwas chaotisch, da können wir sicher was tun. Wichtig ist aber, dass wir als Team super zusammen gearbeitet haben. (MD)
Und nun noch: die Bilanz der Polizei
Rosenmontagszug, die Feier am Rathaus und die Karnevalskirmes sind nach Einschätzung der Polizei überwiegend sehr friedlich abgelaufen. Polizeisprecher Andreas Wilming-Weber berichtete von sechs Festnahmen nach Körperverletzungen oder dem Missachten von Platzverweisen. Nach Schätzung der Polizei haben rund 40 000 Menschen rund um den Zug gefeiert.
Die Polizei war in der Stadt mit starken Kräften präsent, die aber wenig zu tun bekamen. Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen bedankte sich am Abend bei den eingesetzten Beamten, aber auch bei den Rettungsdiensten und den ehrenamtlichen Ordnern: „Die gute Zusammenarbeit hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Jecken ausgelassen und fröhlich feiern konnten.“
Die DRK-Helfer an der Gladbecker Straße berichteten am Mittag nur von wenigen Hilfeleistungseinsätzen, etwa für Menschen, die sich an Glasscherben verletzt hatten. Die Leitstelle der Feuerwehr zählte bis zum Abend 13 Rosenmontagseinsätze von Verletzungen bis hin zu Kreislaufproblemen, die vermutlich von reichlichem Alkoholgenuss ausgelöst worden waren. (ks)