Bottrop. . Brasilien, China, Indien und Mauretanien: Die Projekte von Wolfgang Ketteler stehen auf der Welt. Selbst als Rentner ist er noch unterwegs.

Viele Menschen nutzen ihren Dachboden, um Kartons mit Erinnerungstücken dort zu lagern oder ihre Wäsche zu trocknen. Hinter Wolfgang Kettelers Dachbodentür verbirgt sich keins von beidem. Der 69-Jährige hat dort sein Büro. Unter dem Fenster steht ein großer Schreibtisch Marke Eigenbau und vor der Dachschräge hat er ein Reißbrett aufgebaut. Darauf klemmt eine große Zeichnung – darunter liegen angespitzte Bleistifte parat.

Wolfgang Ketteler sucht seit einigen Jahren die Ruhe in seinem Ruhestand. Gefunden hat er sie als Spezialist für Fördertechnik bisher noch nicht. Immer wieder hilft er Firmen auf Baustellen mit seinem Erfahrungsschatz – und macht das gern.

Berufswunsch kam vom Weihnachtsmann

Folgen mit Rentnern die arbeiten müssen

In den weiteren Folgen der Serie „Rentner bei der Arbeit“ stellen wir auch Menschen vor, die arbeiten gehen müssen, weil ihre Rente sonst nicht reicht. Sie machen die unterschiedlichsten Jobs, um über die Runden zu kommen.

Des weiteren stellen wir Menschen vor, die im Ruhestand Ehrenämter bekleiden.

Der Berufswunsch wurde Wolfgang Ketteler nicht in die Wiege gelegt, sondern unter den Tannenbaum. Als Kind bekam er ein Förderband geschenkt. „Das war in der Nachkriegszeit. Es war aus Holz mit einem Gummiband und einer Kurbel zum Drehen“, erinnert er sich. Dazu gab es vom Weihnachtsmann noch einen passenden Kran.

„Mich hat es schon immer fasziniert, große Massen zu bewegen.“ Aus dem Spiel wurde Ernst. Nach der Schule machte Ketteler eine Lehre als Schlosser. Das war Voraussetzung für das Studium im Bereich Maschinenbau und Konstruktionstechnik in Gelsenkirchen.

Förderbänder mitten in der Wüste

Nach seinem Abschluss arbeitete er als Maschinenbauingenieur für verschiedene große Unternehmen in der Region. „Für mich ist es kein Beruf, sondern eine Berufung.“ Und für diese jettete Ketteler um die ganze Welt. Seine Projekte standen unter anderem in Brasilien, China, Indien und der Wüste Mauretaniens.

Dort, mitten in der Sahara, erheben sich riesige Anlagen aus dem Sand. Stählerne Konstruktionen, die Gesteinsbrocken aus einer Erzmine über kilometerlange Förderbänder in Brecher transportieren und schließlich zu kleinen Bröckchen weiterverarbeiten.

Per Satellit kann er alles sehen

„Das Schöne an solch großen Projekten ist, dass ich sie heute fast alle über Satellitenbilder auf Google Earth sehen kann“, beschreibt Ketteler. Allerdings bringt die Größe auch Nachteile mit sich. „Man kann sich gar nicht vorstellen, wie dreckig es dort ist. Vor lauter Staub konnten wir teilweise nur zwei Meter weit sehen.“ Unter diesen Bedingungen kletterte er zwischen den Maschinenteilen in Mauretanien umher und merzte Fehler aus, die erst im laufenden Betrieb erkannt werden konnten.

Dieser riesige Schaufelradbagger steht in Brasilien. Wolfgang Ketteler machte diesen Schnappschuss während seiner Arbeit.
Dieser riesige Schaufelradbagger steht in Brasilien. Wolfgang Ketteler machte diesen Schnappschuss während seiner Arbeit. © Wolfgang Ketteler

„Ich sorge dafür, dass alles läuft“, fasst Ketteler seine Aufgaben grob zusammen. Das war während seiner aktiven Zeit so und ist es auch jetzt im Ruhestand. Aufgehört hat er bereits im Dezember 2013 – eigentlich. „Ich war noch gar nicht lange aus der Firma weg, da klingelte zu Hause das Telefon“, erinnert er sich und schmunzelt. Ein ehemaliger Arbeitskollege hatte sich selbstständig gemacht und wollte aus Kettelers Erfahrungsschatz schöpfen. Wenig später saß er im Flugzeug nach Bahrain. „Fachkräfte sind in dem Bereich nur schwer zu finden.“

Langeweile kommt nicht auf

Seine Frau Annette hat sich an ihren rastlosen Mann gewöhnt. „Ich kenne es ja nicht anders. Er war immer viel unterwegs“, sagt sie und fügt hinzu, „nur das Kofferpacken, das konnte ich irgendwann nicht mehr sehen.“ Seit ungefähr drei Monaten bleiben die Koffer in Kirchhellen leer. So lange hatte ihr Mann keine neuen Aufträge mehr.

Langeweile kommt beim Maschinenbauingenieur dennoch nicht auf. „Hier im Haus gibt es viel zu tun. Wenn man so viel weg ist, bleibt einiges liegen. Außerdem haben wir einen großen Bekanntenkreis und ich engagiere mich ehrenamtlich“, zählt Wolfgang Ketteler auf. Und falls doch noch mal ein Anruf kommt? „Dann wäre ich aufgeschlossen“, sagt er und lehnt sich lächelnd im Stuhl zurück.