Manama. . Bahrain am Persischen Golf ist touristisch noch ein relativ unbeschriebenes Blatt. Doch das Insel-Königreich erwacht langsam auch als Reiseziel.

In der Wüste von Bahrain steht ein zehn Meter hoher Baum. Nicht irgendeiner. Der sogenannte Baum des Lebens gedeiht seit etwa 400 Jahren an dieser Stelle. Von welcher Wasserquelle er lebt, gehört zu den Rätseln des kleinen Königreichs am Persischen Golf. Inzwischen kommen jeden Tag Touristen und Einheimische vorbei, um den Baum zu begutachten – ein Sicherheitsmann bewacht das Wunder.

Wasser gibt der Insel Bahrain – al Bahrain bedeutet im Arabischen „die beiden Meere“ – ihr Leben: das salzige Wasser des Persischen Golfs und das reine Grundwasser unter dem Meeresgrund. Wenn früher die Perlenfischer wochenlang auf See waren, pumpten sie ihr Trinkwasser durch Lederrohre nach oben.

Die Gastfreundschaft der Menschen und das reiche kulturelle Erbe sollen jetzt Touristen nach Bahrain locken. Bislang schlummerte die Monarchie im Schatten der Metropolen Dubai und Abu Dhabi touristisch vor sich hin. Nun erwacht das Land der Perlen.

Das historische Basarviertel Manama Souk wird erneuert. Seit November letzten Jahres erlaubt eine neue Shopping-Promenade den Spaziergang entlang der Bahrain Bay. In der alten Stadt Muharraq wird ein historischer Perlenweg für Touristen ausgebaut. Darüber hinaus lockt das Land mit sauberen Privatstränden, bezahlbaren Hotels, Nachtleben und einer faszinierenden Biodiversität.

Wo einst die Perlenfischer abtauchten, stehen inzwischen Luxushotels und gigantische Bürogebäude. Bis 2020 sollen 15 weitere Vier- und Fünf-Sterne-Hotels entstehen, auch Strandresorts. Mehr Touristen sollen künftig aus dem Westen nach Bahrain kommen. Deutsche Veranstalter wie Alltours und Thomas Cook Signature haben das Land jetzt im Angebot.

Wer eine Woche Zeit hat, kann viel entdecken – bei einem Ausflug in die große Al-Fatih-Moschee, auf dem Perlen-Weg, in Muharraq mit seinen historischen Palästen, auf einer Fahrt zu den Leoparden im Nationalpark Al Areen. Die jahrtausendealte Festung Qal’at al-Bahrain bietet eine großartige Aussicht auf die Skyline von Manama und das Meer. In den Souks vermischt sich der Geruch von indischen Gewürzen und frischem arabischem Kaffee, zubereitet mit Kardamom und Safran. Wer etwas Adrenalin ausschütten will, kann Indoor-Skydiven, über die Formel-1-Strecke rasen oder mit dem Jeep in die Wüste fahren.

Inzwischen dominiert die Öl- und Gasindustrie

Wer sich auf der Straße umschaut, dem fällt aber sofort die bunte Mischung von Nationalitäten auf. Viele Inder, Pakistani, Europäer, Amerikaner oder Südostasiaten leben in Bahrain oder besuchen die kleine Golfinsel. Dieser Mix erzeugt ein Klima der Hilfsbereitschaft und Herzlichkeit. Ohne Migranten könnte sich das Königreich wohl nicht so rasant entwickeln. Sie schuften auf den Baustellen, helfen im Haushalt oder verkaufen Waren auf den Märkten.

Bis in die 1930er-Jahre war die Perlentaucherei eine lukrative Einnahmequelle – zumindest für die Händler. Danach verlor der Wirtschaftszweig an Bedeutung und wurde von der Öl- und Gasindustrie abgelöst. Inzwischen gibt es nur noch wenige Perlenhändler wie die Familie Mattar. „Die natürlichen Perlen aus Bahrain haben eine ganz besondere Qualität“, sagt Talal Ebrahim Mattar. „Eine Perlenkette fertigzustellen, kann Generationen dauern.“

Taucher können zwar an einem Tag viel Geld verdienen, dafür braucht es aber auch viel Glück. Für eine wohlgeformte, zehennagelgroße Perle bekommen sie umgerechnet 675 Euro. Genug für eine Monatsmiete. Auch Touristen können heutzutage nach Perlen tauchen. Wer eine findet, darf sie behalten. Die Austern kommen dann zurück ins Meer.

Bahrain hat auch Seiten, die für westliche Gemüter durchaus völlig in Ordnung sind, jedoch aus Sicht der staatlichen Tourismuswerbung keineswegs in das Selbstverständnis am Golf passen: Frauen spazieren in kurzen Kleidern durch Shoppingzentren, ein homosexuelles Paar knutscht in einem Irish-Pub. Die Stimmung kocht im Unterhaltungsviertel Juffair bisweilen über. Offiziell ist Homosexualität in Bahrain sogar strafbar. Eine „aktive“ Verfolgung findet laut Auswärtigem Amt jedoch nicht statt. Der deutschen Botschaft sind bisher keine Fälle von Diskriminierung oder Verhaftungen bekannt geworden. Doppelmoral herrscht in Sachen Prostitution: Sie ist in Bahrain verboten, doch gibt es in der „Partyhauptstadt“ am Golf neben vielen coolen Clubs auch Rotlichtecken.Hier treffen günstige Restaurants auf „Happy-End-Massagen“ und zahlreiche Nachtclubs mit Gastarbeiterinnen aus Thailand.

Ökologische Pro­bleme zeigen sich ebenfalls, die Natur leidet unter dem Entwicklungsdruck: Der Mangrovenwald wird kleiner. Unternehmen holen den Sand vom Meeresboden und erweitern damit die Landfläche. Die wird dann bebaut mit teuren Bürotürmen, Banken und Eigentumswohnungen. Die Straßen sind ständig verstopft, immerhin besitzt jeder Bahrainer im Schnitt zwei Autos. Am Nachmittag verschwimmen die Hochhäuser im dichten Smog. Die Regierung sucht nach Lösungen. Die Tourismusbehörde weiß um die gestiegene Relevanz von Ökotourismus und Naturschutzprojekten. Diese Lektion hat Dubai bereits hinter sich. Im Urlaubs-„Übermorgenland“ gibt es einen geschützten Wüstennationalpark (Desert Conservation Reserve) inklusive Ökohotel – vielleicht auch ein Vorbild für Bahrain?