Bottrop. . Leserin sorgt sich um Obdachlosen, der bei Frost draußen schläft. Beratungsstelle bietet Schlafplatz und Hilfe. Zwang ist absoluter Ausnahmefall.
Eingehüllt in Decken und Schlafsack, hat ein Obdachloser augenscheinlich die vergangene frostige Nacht zum Montag in einem Bottroper Park verbracht. Dieses Nachtquartier in einer Schutzhütte hat eine WAZ-Leserin beobachtet, das Gespräch mit dem Mann gesucht und Hilfe angeboten. Der Betroffene habe sich jedoch nicht helfen lassen wollen.
Trotzdem macht sich die Leserin Sorgen, dass dem Mann in den angekündigten weiteren Frostnächten etwas zustößt. Sie fragt sich, wie demjenigen trotzdem geholfen werden kann und ob eine solche Person auch gegen ihren Willen in eine wärmere Unterkunft gebracht werden könne – quasi zu ihrem eigenen Schutz.
Schlafmöglichkeit am Borsigweg
Doch das sei gar nicht so einfach, wie Sozialarbeiterin Claudia Kretschmer sagt, Leiterin der Evangelischen Sozialberatung (ESB), die sich um Obdachlose in der Stadt kümmert. Zunächst sei es die freie Entscheidung eines jeden Einzelnen, sich auch in Frostnächten einen Schlafplatz im Freien zu suchen. „Wer so jemanden beobachtet, sollte sich an uns wenden. Wir suchen dann das Gespräch mit dem Betroffenen und bieten Hilfe im Rahmen unserer Möglichkeiten an.“ Das könne eine Unterbringung im Nachtasyl am Borsigweg sein oder auch in einer Wohngruppe der ESB, wobei die im Moment alle belegt seien.
„Es gibt aber auch Menschen, und einen solchen Fall hatten wir im vergangenen Jahr, die können nicht in geschlossenen Räumen schlafen.“ Denen versucht die ESB, anders zu helfen. Die Betroffenen erhalten das Angebot, sich in der Geschäftsstelle aufzuwärmen oder eine warme Mahlzeit bei Kolüsch einzunehmen. „Außerdem verteilen wir Schlafsäcke, Decken und warme Kleidung.“ Das Land NRW hat dafür Gelder zur Verfügung gestellt, wovon auch die ESB profitiert. Letztlich sei es die Freiheit eines jeden einzelnen, sich zu entscheiden sagt Claudia Kretschmer. Aktuell kenne sie zwei Leute, die im Freien übernachten wollten.
Begutachtung und Beschluss eines Richters
Anders sieht die Situation aus, wenn ESB-Mitarbeiter den Eindruck haben, dass ein Mensch nicht mehr in der Lage ist, für sich selbst zu entscheiden. „In einem solchen Fall wenden wir uns an das Gesundheitsamt. Dann kann der Betroffene nach dem Psychisch-Kranken-Gesetz begutachtet werden.“ Im weitgehendsten Fall wird die betreffende Person in die Psychiatrie in Kirchhellen eingewiesen.
Das gehe aber nur, wenn Gefahr für sein eigenes oder fremdes Leben bestehe. Zudem muss über eine Unterbringung ein Richter entscheiden, weil es sich dabei um einen Eingriff in die persönliche Freiheit handelt, erläutert Claudia Kretschmer.
Hinweise an die ESB
Aus ihrer Erfahrung sind die Situationen, in denen sich Menschen bewusst entscheiden, im Freien zu übernachten, weniger gefährlich als Unfälle, bei denen Menschen aus irgendwelchen Gründen hilflos draußen liegen und einschlafen. Auch hier sei die Aufmerksamkeit anderer gefragt verbunden mit der Bitte um Meldung bei der ESB. Die kann dann aktiv werden - wie jetzt in dem Fall des Mannes, der im Park übernachtet. Er sei der ESB bekannt, sagt Claudia Kretschmer. „Wir versuchen gerade, in an das Hilfeangebot der Beratungsstelle anzubinden.“
Die ESB ist telefonisch zu ereichen unter: 317055