Bottrop. . In den Demontagehallen des Autoverwerters Ergin Baytemür werden im Jahr rund 1000 Autos auseinandergenommen. So landen tausende Teile in Regalen.

Der weiße VW Polo sah schon mal besser aus. Kotflügel und Türen sind verbeult, das Dach ist völlig aus der Form. Der Wagen hat einen Überschlag hinter sich. Totalschaden. Jetzt steht er aufgebockt in der Halle am Kämpchen, und die Mitarbeiter von Ergin Baytemür suchen, was sich verwerten lässt. Außerdem werden die Wagen trockengelegt. Öl, Benzin, Kühlwasser und was sonst noch an Flüssigkeiten durch die Leitungen und Schläuche eines Autos fließt, kommen raus. Wenn ein Autoleben endet, muss es ausbluten.

Mitarbeiter Ismail Abachi zerlegt einen VW Polo. Der Wagen hat sich bei einem Unfall überschlagen.
Mitarbeiter Ismail Abachi zerlegt einen VW Polo. Der Wagen hat sich bei einem Unfall überschlagen. © Joachim Kleine-Büning

Beim Polo ist die Zahl der verwertbaren Teile nur noch gering. Ein Mitarbeiter hebt die Batterie aus dem Motorraum. Später wird er auch noch den kompletten Motor ausbauen. Das sei hier Standard, sagt Baytemür, der Chef des großen Autoverwerters im Bottroper Süden. Vielleicht sind noch die Außenspiegel des verhältnismäßig neuen Modells von Interesse. Auch Getriebe und Achsen werden in der Regel aufbewahrt.

Drei Demontagehallen auf dem Gelände

Gleich drei solcher Demontagehallen gibt es auf dem Gelände an der Ecke Prosperstraße. „In einer werden deutsche Fabrikate demontiert, in der zweiten EU-Fabrikate und in der dritten japanische Autos“, erläutert Baytemür.

Alle teile werden fotografiert und etikettiert.
Alle teile werden fotografiert und etikettiert. © Joachim Kleine-Büning

Wie viele Ersatzteile in den Hallen und Hochregalen auf dem Gelände lagern? Baytemür zuckt mit den Schultern. „Keine Ahnung“, räumt er ein. Erst seit gut drei Jahren würde jedes Teil per Computer erfasst. Davor musste er aus dem Kopf wissen, wo die Kotflügel für den Opel Corsa liegen oder wo der gebrauchte Kühler für den VW Golf seinen Platz hat. Doch bei inzwischen rund 50 Mitarbeitern auf dem Schrottplatz, dem Ersatzteilhandel oder in der Werkstatt ist so ein System nicht mehr zeitgemäß.

Jedes Teil wird fotografiert und etikettiert

Also wird nach der Demontage jetzt jedes Teil fotografiert und etikettiert, bevor es in die schier endlosen Regale wandert. Direkt an die Demontagehalle schließt sich eines der Lager an. Bis unter die Decke hochgestapelt finden sich hier Motoren aller namhaften deutschen Hersteller. Sie werden aufbewahrt in öldichten Containern. Denn egal wie sorgfältig man bei der Trockenlegung vorgehe, so Baytemür, „irgendwo hängt immer noch ein Tropfen“. Diese Restflüssigkeiten dürften nicht in die Umwelt gelangen. In einem weiteren Regal liegen Zylinderköpfe und Nockenwellen. Karosserieteile lagern draußen.

Kunden können auf dem Gelände auch selbst Teile abbauen, doch die Nachfrage danach sinkt, lieber kaufen die Kunden das gebrauchte Teil im Shop oder online.
Kunden können auf dem Gelände auch selbst Teile abbauen, doch die Nachfrage danach sinkt, lieber kaufen die Kunden das gebrauchte Teil im Shop oder online. © Joachim Kleine-Büning

Über Restwertbörsen, vor allem aber über Versicherungen erhält Baytemür die Wagen. Etwa 1000 pro Jahr würden in seinem Betrieb demontiert, sagt Baytemür.

Teile selbst abbauen

Nach der Demontage landen die Karosseriereste in einem der großen Gestelle auf dem Platz. Dort werden sie gestapelt, und Kunden können sich ihre Teile selbst abbauen. Doch von dieser Möglichkeit machten immer weniger gebrauch, sagt Baytemür. Übers Internet verkauft er Teile in ganz Deutschland. Nach rund einem Jahr beendet die Schrottpresse das Autoleben endgültig. Was sie herstellt, verkauft Baytemür als Altmetall an entsprechende Verwerter. „In der Regel landet es auf der Schrottinsel in Duisburg.“

Dritte Generation steht schon parat

Ergin Baytemür öffnet das Tor zu seinem Schrottplatz.
Ergin Baytemür öffnet das Tor zu seinem Schrottplatz. © Joachim Kleine-Büning

Sein Vater hatte den Schrottplatz 1985 eröffnet, Anfang der 90er-Jahre hat Ergin Baytemür übernommen. Seither hat sich das Geschäft sehr verändert. Kontinuierlich hat er den Betrieb erweitert. Inzwischen verkauft er auch Neuteile. Dazu bietet er eine Werkstatt an und handelt mit Gebrauchtwagen. Auch Tankstelle, ein Schnellrestaurant sowie eine Dekra-Station hat er gebaut. Wobei die Tankstelle eigentlich noch eine Idee seines Vaters sei, sagt Ergin Baytemür. „Er hat morgens auf dem Weg zur Arbeit immer auf das damalige Nachbargrundstück geschaut und gesagt, dort müsste eine Tankstelle hin.“ Der Sohn kaufte später das Gelände und verwirklichte die Idee des Vaters.

Mit Fatih Baytemür steht die dritte Generation parat. Er leitet schon den Bosch-Service, den Baytemür an der Prosperstraße aufgebaut hat. Auch das ist eine Kooperation, auf die er stolz ist. „Ohne solche Partner geht es nicht. Autos werden komplizierter. Wenn wir sie weiterhin reparieren wollen, brauchen wir diese Kooperationen.“

Bildung als Schlüssel zum Aufstieg

In seinem Betrieb beschäftigt Ergin Baytemür auch Flüchtlinge und viele Mitarbeiter mit Migrationshintergrund. Er sieht die Arbeit auch als einen Beitrag zur Integration. Ohne seine Ausbildung in Deutschland – er hat Kfz-Mechaniker bei Opel Müller an der Kirchhellener Straße gelernt – hätte er den Betrieb nie so aufbauen können, ist sich Baytemür sicher.

Entsprechend fordert er auch einiges von seinen Mitarbeitern. Schon früh ist er dem Netzwerk „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“ in Berlin beigetreten. Das wird gefördert vom Bundeswirtschaftsministerium, dort erhalten Unternehmen Informationen über Projekte und mögliche Zuschüsse.

Bundesweites Netzwerk

Für seine Mitarbeiter hat er außerdem einen Deutschkurs anberaumt. Dreimal in der Woche wird für drei Stunden gepaukt. Insbesondere für die Flüchtlinge sei das wichtig, so Baytemür. So ginge die Integration schneller vonstatten. „Innerhalb kurzer Zeit können die sich jetzt schon mit Kunden verständigen“, lobt der Chef.

Hilft es, dass er selbst einen Migrationshintergrund hat, das also vielleicht gut vorleben kann? „Ich glaube schon, dass die Leute so sehen und mir auch glauben, was möglich ist“, sagt Baytemür. Seiner Erfahrung nach sei Bildung der Schlüssel. „Wenn man sich anstrengt, stehen einem in der Gesellschaft alle Türen offen.“