Bottrop. . Der Pädagoge ist Mitte November aus Dorsten an die Bottroper WBG gekommen. Im Interview spricht er über kommende Herausforderungen.
Die Willy-Brandt-Gesamtschule (WBG) hat einen neuen Leiter: Markus Reuter ist ganz frisch aus Dorsten an die Bottroper Schule gekommen. Aktuell ist er noch damit beschäftigt, sich mit den genauen Gegebenheiten dieser großen Schule mit ihren rund 1300 Schülern und hundert Lehrern vertraut zu machen. Gleichzeitig weiß der 52-Jährige genau, welche schulischen Entwicklungslinien er künftig verfolgen will. Darüber sprach der Pädagoge mit WAZ-Redakteurin Nina Stratmann.
Sie waren zuletzt an der Gesamtschule Wulfen als didaktischer Leiter im Einsatz. Was hat Sie daran gereizt, Leiter der WBG zu werden?
Reuter: Für mich war am Ende die Tatsache ausschlaggebend, dass diese Schule sich in jüngster Zeit intensiv entwickelt hat. Für meine Begriffe stellt die Umstrukturierung zu einer Teamschule einen großen Schritt in Richtung Zukunft dar.
Was macht eine Teamschule aus?
Alle Klassenlehrer eines Jahrgangs sind einem Team zugeordnet. Es wird angestrebt, dass möglichst viel Unterricht in diesen Teams verbleibt, so dass der Kontakt zwischen den Klassenlehrern eines Jahrgangs und den Schülern enger wird, man sich gut kennenlernt. Das garantiert auch kurze Wege, wenn es beispielsweise Beratungsbedarf gibt. Ein weiterer Vorteil ist, dass kleinere schulische Entwicklungsentscheidungen in den Teams getroffen und unmittelbar umgesetzt werden können.
Was hat aus Ihrer Sicht noch für die WBG gesprochen?
Gespräche insbesondere mit der kommissarischen Schulleiterin Kerstin Bröker haben mich sehr positiv gestimmt, was angestoßene Entwicklungen angeht und die Chancen, die sich hier bieten. Wir müssen nun schauen, wie wir uns in der Bottroper Schullandschaft verhalten.
Das bedeutet konkret?
Die WBG hatte immer durchaus hohe Anmeldezahlen. Der Trend ist aber zum einen, dass Anmeldezahlen im Ganzen zurückgehen. Zugleich hat sich in der Schullandschaft Neues entwickelt, so ist zum Beispiel in Kirchhellen eine Sekundarschule entstanden. Klar ist, dass es eine Herausforderung bedeutet für eine Schule wie diese, weiterhin ein Klientel zu haben, das dem Anspruch einer Gesamtschule gerecht wird. Also Schüler mit allen Empfehlungen für weiterführende Schulen, von der Hauptschule bis zum Gymnasium. Darum müssen wir in Zukunft werben. Das wird sicher ein Schwerpunkt meiner Arbeit sein.
Weiter beschäftigen wird Sie hier sicher auch das Thema Inklusion.
Man kann davon ausgehen, dass die WBG auch in Zukunft eine Schule sein wird, die Inklusion anbietet, eventuell auch als Schwerpunktschule. Da will ich aber der Entscheidung der Bezirksregierung nicht vorgreifen. Aber die Schule hat sich ja schon vor Jahren freiwillig bereit erklärt und beantragt, gemeinsamen Unterricht für Kinder mit und ohne Förderbedarf zu machen. Insofern sind wir vorbereitet.
Was die personelle Ausstattung angeht ist es generell in den Schulen so, dass teils die Stellen zur Verfügung stehen, aber nicht mit ausgebildeten Sonderpädagogen besetzt werden können. Dann gibt es einerseits die Möglichkeit, Lehrer, die vor Ort sind, zusätzlich zu qualifizieren. Oder Kollegen einzustellen, die eine Zertifizierungsmaßnahme hinter sich haben. Das ist nicht der Idealfall, wird sich aber in naher Zukunft nicht unbedingt verändern. Es sollen ja nach jüngsten Beschlüssen mehr Förderschulen erhalten bleiben, und die Sonderpädagogen werden dort gebraucht.
Darüber hinaus gilt die Digitalisierung als wichtiges Thema für die Schulen.
Ich glaube, dass die Bildungslandschaft in Deutschland bei dem Thema ein bisschen hinterherhinkt. Wir reden viel über Ausstattung, aber es ist noch nicht durchgehend klar, wo die besonderen Möglichkeiten für die Bildung der Schüler liegen und wie man das tatsächlich umsetzt.
Was schon ein großer Zugewinn wäre: die uneingeschränkte Verfügbarkeit bereits vorhandener Online-Tools, flächendeckend zügiges W-Lan und die Möglichkeit, digitale Inhalte zu visualisieren. Sicher ist es nicht verkehrt, da entsprechend Beamer oder Smartboards in den Klassen zu haben. Wenn Letztere stabil funktionieren, können sie eine schöne Sache sein.
Pädagoge bringt Erfahrungen aus verschiedenen Schulen mit
Markus Reuter (52) kommt ursprünglich aus Dülmen und hat in Münster zunächst Biologie auf Diplom studiert. Da er parallel als Tischtennis-Trainer unterwegs war, entschloss er sich, auf ein Lehramtsstudium in den Fächern Bio und Sport zu wechseln.
Referendariat am Gymnasium
Das Referendariat absolvierte Reuter an einem Münsteraner Gymnasium. Über eine Vertretungsstelle kam der Pädagoge an die Gesamtschule Ückendorf, wechselte nach kürzester Zeit für eine Festanstellung und Verbeamtung an die Erich-Kästner-Gesamtschule in Essen-Steele, war im Anschluss sieben Jahre an der Gesamtschule Waltrop und begann im Jahr 2013 als didaktischer Leiter an der Gesamtschule Wulfen.
Seit dem 19. November ist er in Bottrop im Einsatz. Der Pädagoge folgt auf Jochem von Schwerdtner, der bereits im Februar nach zehn Jahren an der Willy-Brandt-Gesamtschule zur Bezirksregierung Münster wechselte.
Letztlich sind die digitalen Medien ein komplexes Thema, das in alle Bereiche der schulischen Bildung hinein ragt. Zum Beispiel auch in den Bereich der Beratung, denn es gibt da ja auch Missbrauch, Stichwort Cybermobbing. Internetsicherheit, Umgang mit persönlichen Daten, die Anwendung von Programmen, Informatik – all das gehört zu den Inhalten. Daher hat die Landesregierung ja den Medienkompetenzrahmen entwickelt, den es umzusetzen gilt. Das Thema Digitalisierung wird sicher eine der Herausforderungen der kommenden Jahre sein.
Welche Herausforderungen wird es noch geben?
Immer existent ist der Bereich der Unterrichtsentwicklung, da passiert an dieser Schule eine ganze Menge – aber da ist man als Lehrer nie fertig. Stichwort: individuelle Förderung. Wichtig für unsere Schule ist aber vor allem, die Entwicklung unserer Kinder und das Umfeld im Blick zu haben und uns zu orientieren an dem, was die Kinder tatsächlich nach der Schule auch brauchen. Genau das ist etwas, in dem die WBG immer gut gewesen ist.
Die Schulform Gesamtschule liegt Ihnen am Herzen.
Ich bin ein Gesamtschul-Mann, ohne Wenn und Aber und mit allen Konsequenzen. Ich halte die Gesamtschule für das System der Zukunft. Wir sehen allerorten, dass Potentiale sich oft erst später entfalten. Man stellt sehr häufig fest, dass Schüler, die mit einer Hauptschul- oder eingeschränkten Realschulempfehlung von der Grundschule kommen, am Ende ein richtig gutes Abitur machen. Oft ist es so, dass sie diesen Weg erst in der Jahrgangsstufe neun einlegen. Dies ist eins von vielen Argumenten für die Gesamtschule.
Und was machen Sie persönlich nach Schulschluss?
(lächelt) Im Moment habe ich auch zu Hause viel Arbeit. Ansonsten bin ich interessiert an Konzerten und Kulturveranstaltungen.