Bottrop. Die Straßenbahnlinie 3 stellte vor 50 Jahren ihren Betrieb ein. Seit 1899 führte sie vom Essener Hauptbahnhof bis zum Pferdemarkt. Ein Rückblick.
- 1899 verkehrte die erste „Elektrische“ zwischen Essen und Bottrop
- Sie war nicht als Shopping-Linie gedacht, sondern brachte Arbeiter zu ihren Werken
- 1967 stellte die Essener Verkehrs AG als Betreiberin den Betrieb ein
Als sich die Bottroper und die Essener Ende des 19. Jahrhunderts bereits über die Unpünktlichkeit - immerhin 10 bis 15 Minuten (!) - der alten Pferdebahn zwischen beiden Städten beschwerten, werden sie sich heutige Verhältnisse in Bahn und ÖPNV in ihren kühnsten Träumen nicht haben vorstellen können.
Immerhin: 1899 wurde die erste „Elektrische“ zwischen Essen und der damaligen Gemeinde Bottrop eröffnet: die Linie 3. Im Mai vor 50 Jahren kam das Aus.
Für einen Monat zockelte die Tram noch unter der Nummer 86 über die Kanalbrücke, dann stellten die Essener Verkehrsbetriebe (EVAG), unter deren Flagge die 3 verkehrte, ihren Betrieb für immer ein.
In seinem Buch „Auf Schienen zur Schicht“, in dem er sich überwiegend mit den historischen Linien der Vestischen Verkehrsgesellschaft auseinandersetzt, erwähnt der Bottroper Tram-Experte Klaus Giesen auch die alte 3 - quasi als Mutter aller Bottroper Straßenbahnen.
Es war keine Shopping-Linie
Und sicher war auch diese Verbindung zwischen der einstigen „Einkaufsstadt“, dem damals noch selbstständigen Borbeck und dem größten Dorf Preußens, wie man Bottrop bis zur Stadterhebung 1919 gern nannte, keine Linie, die Hausfrauen zum Shopping bringen sollte. Vielmehr lagen an ihrer Strecke unter anderem die Zeche Prosper, aber auch Levin in Dellwig und andere Bergwerke auf Essener Gebiet. Beim Betrieb auch dieser Linie ging es - so Klaus Giesen - um den Transport von Arbeitern und Angestellten in Büros, Werkstätten und die Stollen unter Tage.
Offizieller Beschluss nachgereicht
Viele Bottroper werden sich noch an die Schienen erinnern, die lange nach dem Abgesang der Tram auf der alten Emscherbrücke bei Regen für Rutschpartien sorgten. Aber auch das Panorama mit Prosper I im Hintergrund erinnerte an die ursprüngliche Bedeutung der Strecke. Die zog sich von der Hochstraße über die Essener Straße über das heutige Südring-Center entlang des Kanals nach Dellwig.
In den 60er Jahren gab es einige Versuche, das Tramnetz zu verändern, wie Klaus Giesen in seinem Buch beschreibt. Vor allem sollte die Hochstraße Fußgängerzone werden. Aber weder bei der Verlegung der Schienentrasse auf die Peterstraße, noch bei der Erneuerung der Emscher-/Kanalzone im Zuge des Baus der A 42 konnte man sich mit über die Kostaufteilung mit der Stadt Bottrop oder der Vestischen einigen. So stellte die Essener EVAG schließlich nur noch auf Busse um.
Da sich die Auslieferung der neuen Wagen 1967 verzögerte, ließ die EVAG zunächst die Tram unter der neuen Nummer 86 fahren. Im Juni 1967 endete das Kapitel „Straßenbahn zwischen Bottrop und Essen“ endgültig. Den offiziellen Beschluss hierfür reichte der Essener Stadtrat allerdings erst im Januar 1968 nach.
>> EIN BUCHTIPP ZUM THEMA
- Das Buch „Auf Schienen zur Schicht“ von Klaus Giesen ist 2016 erschienen.
- Es stellt die Geschichte der Tram-Linien im Bottroper Raum auf 180 Seiten mit zahlreichen Fotos, Plänen, Streckenführungen und anderen Dokumenten dar.
- Kosten: 27,50 Euro. Kontakt: kgiesen@gelsennet.de