Bottrop. . Überall Brennnesseln. Das ärgert Vater und Sohn Koutcky, die dort das Grab der Mutter pflegen. Um die Gräber ringsum kümmert sich aber niemand.

„Da sieht es aus wie in einem Urwald“, klagt Sven Koutcky und spricht nicht etwa über ein Waldstück in Bottrop, sondern über den Nordfriedhof. Dort wurde vor 23 Jahren seine Mutter begraben. Auf den Gräbern ringsum aber wuchert das Unkraut, Brennnesseln stünden teils 1,80 Meter hoch. „Das geht doch nicht“, sagt der Bottroper und liefert zum Beweis ein Foto mit.

Der inzwischen 72 Jahre alte Vater von Sven Koutcky kümmert sich noch um das Grab seiner verstorbenen Frau. Auch er sei nicht mehr so ganz fit und wo immer es geht, springt der Sohn ein. Bei den umliegenden Gräbern allerdings gebe es offensichtlich niemanden mehr, der sie pflegt, klagt Sven Koutcky: „Aber da muss doch was passieren.“

Noch zwei Jahre Ruhezeit

Noch zwei Jahre betrage die Ruhezeit für das Grab seiner Mutter und da hätte er gerne auch das Umfeld noch etwas gepflegter. Besonders Übel stößt dem Bottroper auf, dass die Beschwerden seines Vaters beim Friedhofsgärtner auf taube Ohren gestoßen seien, unfreundlich behandelt worden sei er sogar.

„Wir können die Grabpflege nicht übernehmen, wenn sich die Angehörigen nicht kümmern“, stellt Ulrich Schulze von der Pressestelle der Stadt klar. Im Friedhofswesen gebe es 46 Mitarbeiter, inklusive Büro, es herrsche Personalmangel. Insgesamt 66 Hektar Fläche müssen die Arbeiter pflegen. „Das ist eineinhalb Mal die Fläche vom Movie Park“, erklärt Schulze um die Größe zu verdeutlichen. Auf dem Nordfriedhof gibt es sechs Beschäftigte sowie zwei 1,50-Euro-Jobber.

"Da können aber schon mal Monate vergehen"

Nach der Friedhofssatzung sind die Hinterbliebenen verpflichtet, die Gräber in Ordnung zu halten. Wenn sie es nicht tun, werden sie von der Verwaltung angeschrieben und auf ihre Pflichten hingewiesen. „Da können aber schon mal Monate vergehen“, schätzt Schulze realistisch ein, wie lange es dauern kann, bis man überhaupt erst einmal jemanden ausfindig gemacht hat.

Gibt es keine Reaktion von Angehörigen, könne die Stadt zur letzten Maßnahme greifen, nämlich der „Entziehung der Grabstelle“, so Schulze. Dies müsse zuvor öffentlich bekannt gemacht werden. Ist die Ruhezeit eines Grabes von 25 Jahren abgelaufen, so bekommen die Angehörigen eine Frist, zu verlängern.

Wenn sich niemand melde, werde zunächst die Bepflanzung entfernt, später eingeebnet. Immer mehr Verstorbene werden heute anonym oder in Wiesengräbern bestattet. Bei den Wiesengräbern dürfen Grabsteine aufgestellt werden, daneben der Platz ist für Kerzen oder einen Blumenstrauß. Die Wiese ringsherum wird von den Friedhofsgärtnern gemäht. Die Kosten dafür sind in den höheren Nutzungsgebühren enthalten.