Bottrop. . Die Kohle verschwindet. Was bleibt sind Touristik-Attraktionen, eine Pilgerstätte und viele beliebte Treffpunkte. Und der Tetradeder schwebt über allem.

Wie bei einer Prozession schreiten Tänzerinnen und Tänzer über einen schmalen Pfad in ein offenes Filmende. Die mächtige Halde hinter dem Bergwerk Prosper-Haniel bildete die Kulisse für Szenen des Kinofilms „Pina“, mit dem Wim Wenders und das Ensemble des Wuppertaler Tanztheaters der Choreographin Pina Bausch ein Denkmal setzten. Eine „Wahnsinnswüstenlandschaft“ nannte d e r deutsche Regie-Star die Halde, auf der eindrucksvolle Szenen seines Filmes spielen, der es 2012 zu einer Oscar-Nominierung brachte.

Bottrop in Hollywood - nur ein Beispiel dafür, wie sehr der Bergbau das Bild der Stadt dominiert. Mit ihren Halden findet die Stadt international Beachtung bei Kreativen und Touristen. Schon Ruhrtriennale-Gründungsintendant Gerard Mortier † faszinierten die Hügel. Der Belgier animierte den baskischen Bildhauer Agustín Ibarrola dazu, auf die Halde Haniel seine farbprächtigen Totems zu setzen. Diese geben dem unwirtlichen Ort etwas Mystisches, ziehen Besucher wie magisch an.

Glückauf - tu Neues auf!

Glückauf, tu Neues auf! - der alte Gruß der Bergleute wurde zum Motto für den Versuch den alten Industriestätten auch schöne, zumindest unterhaltsame Seiten abzugewinnen: Das Alpincenter, neuerdings das Grusellabyrinth, der Tetraeder und der Malakoffturm, die Lohnhalle und der Lokschuppen stehen dafür Pate. Das Amphitheater ganz oben auf der Halde Haniel zum Beispiel ist zum gern besuchten Theaterspielort geworden. Das Westfälische Landestheater nimmt die Bergarena fast immer gleich für mehrere Tage bei seinen oft ausverkauften Aufführungen in Besitz.

Die Boredoms, ein Dutzend Schlagzeuger aus den USA und Japan, eröffneten mit ihrem Konzert in der Mondlandschaft die Ruhrtriennale 2012, und zurzeit sucht ein Ruhrtriennale-Team hunderte Komparsen, die auf der Halde an den Aufnahmen für die Filminstallation „The Creation“ zum Haydn-Konzert „Die Schöpfung“ teilnehmen möchten.

"Magische Orte"

Zur wahren Pilgerstätte für Tausende von Christen aus dem Ruhrgebiet wird die Halde Haniel schließlich beinahe jedes Jahr, seit ein großes Kreuz aus Spurlatten an den Besuch von Papst Johannes Paul II. 1987 in Bottrop erinnert und der 1995 mit Motiven der Ordensfrau Tisa von der Schulenburg errichtete Kreuzweg mit Stationen aus Bergbaugerät auf den Gipfel führt.

„Magische Orte“ nennt Stadtsprecher Andreas Pläsken die Bergehalden in Bottrop gern. Das gilt auch für die Halde an der Beckstraße, auf der der Tetraeder thront und nachts leuchtend wie ein Leitstern über der Stadt zu schweben scheint. Legendär: Der „tingelnde Maestro“ (Rheinische Post) Justus Frantz dirigierte einst unter dem Tetraeder. Das Orchester spielte Wagners „Ritt der Walküren“, als ein Gewitter losbrach.

Bagger räumten die Aliens weg

In den Nächten der Industriekultur wird die Tetraeder-Halde immer wieder Spielort. Der Pyramide von Bottrop konnte auch der revierweite Streit um die künstlerisch anmutenden Alien-Figuren nichts anhaben, die ein Arbeitsloser aus Bottrop aus Steinen zu seinen Füßen abgelegt hatte. Die Aliens räumten Bagger fort, der Tetraeder bleibt beliebter Aussichtspunkt für viele Ruhrgebietler, die zum Beispiel auch gern zu Silvester ganz oben auf der Halde zu Hunderten aufs neue Jahr anstoßen.

Feste Größen

Wie Kreuzweg und Bergarena ist auch der Tetraeder eine feste Größe weit über die Stadt hinaus geworden. Das Alpincenter auf der Halde nebenan ist zwar ebenfalls bis heute beliebte Freizeitstätte für Partygänger und Touristen, es wird jedoch immer mehr zu einer ziemlich wackeligen Angelegenheit. Mit tausenden Tonnen Erde will die van der Valk-Gruppe die Bergehalde an der Prosperstraße stabiler machen. Das ist nötig, weil die Skihalle Millimeter um Millimeter ins Rutschen geraten ist. Gelingt das Kunststück nicht, wieder festen Boden unter die Stützfüße der Halle zu bekommen, müsste die Stadt diese spätestens in zwei oder drei Jahren schließen - also ausgerechnet 2018. Im Bergbau ist dann jedenfalls Schicht im Schacht.

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