Essen / Bottrop. . Die angeklagte Buchhalterin hatte das Marienhospital in Bottrop um vier Millionen Euro erleichtert. Der Richter beschreibt sie als „gerissen, dreist und skrupellos“. Bewährungsstrafe für den Ehemann.
Fast vier Millionen Euro hat eine 34-Jährige als leitende Buchhalterin des Bottroper Marienhospitals in der Zeit zwischen 2009 und 20013 in die eigene Tasche „gewirtschaftet.“ Am Freitag gab es die Quittung: Das Essener Landgericht verurteilte sie wegen Untreue in 34 Fällen zu einer Haftstrafe von viereinhalb Jahren.„Gerissen, dreist und skrupellos“, so beschreibt Richter Dr. Oliver Greff die junge Mutter im Urteil.
Kammer denkt an dreijähriges Kind
Ihr mitangeklagter Ehemann (46), den die Ahauserin ebenfalls in der Buchhaltung der Klinik untergebracht hatte, und der nach Überzeugung der Kammer an dreizehn Taten beteiligt war, kam mit einer zweijährigen Bewährungsstrafe davon. Das hat er nicht zuletzt dem dreijährigen Sohn zu verdanken: „Wir haben vor allem an das gemeinsame Kind gedacht,“ begründet der Richter. Selten stehe ein Ehepaar gemeinsam vor Gericht.
„So wie andere von ihrem Urlaub berichten....“, so habe im Prozess das Geständnis der Angeklagten auf die Kammer gewirkt, erklärt der Richter. Der Eindruck bleibt während der drei Prozesstage. Eher unbeteiligt und nicht nach Reue klingt auch ihr letztes Wort: „Es tut mir leid, vor allem für meine Familie.“
Sechs Jahre beantragt Staatsanwalt Rudolf Jakubowski für die 34-Jährige. „Vom kriminellen System J.“, spricht er, das ihr Mann unterstützt habe. Der 46-Jährige bestritt bis zum Schluss, von den Aktionen seiner Frau gewusst zu haben. Das Luxusleben, die neun Immobilien und die fünf Autos der gehobenen Klasse, haben ihn offenbar nicht weiter verwundert. Das mag keiner glauben. Allerdings, die treibende Kraft sei die Ehefrau gewesen, ist der Staatsanwalt sicher.
Kritik am Kontrollsystem der Klinik
Die Erklärung der Angeklagten, eine schwere Krankheit habe sie zur Unterschlagung veranlasst, um ihre Familie abzusichern, überzeugt ebenfalls nicht. 32 gefälschte Überweisungen gab es nämlich, bevor sie die sichere Diagnose bekam.
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Kritik am Kontrollsystem der Klinik übt Verteidiger Clemens Louis. „Das hat versagt,“ behauptet er. „Es fehlen vier Millionen und es fällt keinem auf.“ Er beantragt eine Bewährungsstrafe für seine Mandantin. „Lassen Sie sie arbeiten“, empfiehlt er, „ sie hat noch eine Chance verdient.“
Mängel bei Banken und Sparkasse
Gericht und Staatsanwalt sehen mehr Mängel bei Banken und Sparkasse, die sich offenbar nicht wunderten, wenn mehrfach Summen im sechsstelligen Bereich auf Konten von Hartz-IV-Empfängern landeten. Die Angeklagte überwies nämlich die Klinikgelder erst einmal auf Konten von Freunden und Verwandten. Freiwillig hat das Paar bisweilen noch nichts an die Klinik zurückgezahlt. Es wird Zivilverfahren geben.
Die 34-Jährige hat sich zwischenzeitlich einen neuen Job bei einem Steuerberater besorgt. Sie berichtet dem Arbeitgeber zwar vom laufenden Verfahren, stellte sich aber als unschuldiges Opfer dar. Nach wenigen Wochen schaffte sie es, auch ihren Ehemann in dem Büro unterzubringen....