Bochum-Langendreer. Seit sieben Jahren ist die Orgel in der Lutherkirche stumm. Nun wird sie wieder zum Klingen gebracht. Damit Bürger auf ihr spielen können.

Wie klingt eine historische pneumatische Orgel? Markus Kaltenhauser führt das an der historischen Orgel in der vom Verein „LutherLAB“ genutzten Lutherkirche vor. Stück für Stück macht der 52-jährige Orgelbaumeister die noch vorhandenen 27 Register mit rund 1500 Pfeifen wieder spielbar. Wenn für den kommenden Sonntag (8.) noch ein Organist gefunden wird, wird sie ab etwa 16.30 Uhr hörbar erklingen. Und auch Bürger dürfen bald auf ihr spielen. Geplant sind kleinere Kurse und Veranstaltungen.

Kirche am Sonntag geöffnet

Wegen des bundesweiten Tag des offenen Denkmals ist die denkmalgeschützte Lutherkirche an der Alten Bahnhofstraße 166 an diesem Tag nämlich in der Zeit von 15 bis 17 Uhr geöffnet. Um 11 Uhr gibt es eine erste Kirchenführung.

Orgelbaumeister Markus Kaltenhauser (52) bei der Arbeit. Die Orgel, sagt er, sei in einem überraschend guten Zustand.
Orgelbaumeister Markus Kaltenhauser (52) bei der Arbeit. Die Orgel, sagt er, sei in einem überraschend guten Zustand. © FUNKE Foto Services | Svenja Hanusch

Vorab hat sich Orgelbaumeister Kaltenhauser an die Arbeit gemacht. „Ich überprüfe hier vor allem die Gängigkeit der Pfeifenregister und erneuere defekte Luftmembranen an den Registerleisten. Anschließend stimme ich die Register“, erklärt er. Erstaunt ist er über den guten Orgelzustand. „Als ich von 1999 bis zur Entwidmung der Kirche in 2012 jährlich die Orgel gewartet habe, musste ich jedes Mal 40 dieser Membranen austauschen, weil deren Ledersäcke Risse hatten. Nun waren es nach zehn Jahren gerade mal 80 dieser Verschleißteile.“

Hintergrund: Die Orgelpfeifen und -Register der Orgel von 1905 werden durch Luft angesteuert, die durch Blasebälge und dünne Bleiröhren innerhalb des Instruments verteilt wird. Die Membranen schließen und öffnen die Luftzufuhr vom elektrischen Luftmotor zu den Pfeifen. Sind einzelne kaputt, geben die Membranen die Luft beim Orgelspiel nicht mehr richtig weiter. Die dazugehörigen Pfeifen klingen nicht und verstimmen so das gesamte Register.

Orgel überraschend gut in Schuss

Auch der Staubbefall des gut fünf mal fünf Meter großen Orgelkastens im Turm der Kirche hält sich in Grenzen. Auch dieses Reinigen übernimmt der Dortmunder Orgelbauer, der nach der Ausbildung in die Firma seines Vaters einstieg.

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Früherer Kirchbaumeister unterstützt

Die Kosten für seine Arbeit trägt „LutherLAB“. „Eine Förderung in Höhe von 1750 Euro vom Stadtteilfonds des Stadtumbauprogramms „W-LAB“ machte das möglich“, erklärt Volkhard Niemeyer, der als Vertreter des Vereins Kaltenhauser unterstützt. Eine große Hilfe, denn der 80-jährige Architekt war von 1981 bis 1995 Kirchbaumeister der ehemaligen evangelischen Kirchengemeinde Langendreer-West. Die Kirche ist sein Spezialgebiet.

Seit 2012 stumm

Von März 1904 bis zum 10. November 1905 wird die Lutherkirche errichtet. Die romantische Orgel der Firma Furtwängler & Hammer aus Hannover wird in den Turm miteingebaut. Sie hat 34 Register und 2100 Pfeifen. Im Januar und März 1945 wird die Kirche durch mehrere Bombenangriffe schwer beschädigt. Die Orgel bleibt weitgehend heil. Von 1945 bis 1950 erfolgen Wiederaufbauarbeiten. Die Orgel wird instand gesetzt.

1980: Die Orgelbaufirma Bernhard Koch verändert im Gemeindeauftrag die Orgel. Sie bekommt mehrere Register mit barocker Stimmung. 17. Juni 2012: Die Gemeinde Langendreer entwidmet die Kirche. Seitdem wird sie nicht mehr bespielt.

Wer auf der Orgel spielen oder die Arbeit unterstützen will, wendet sich an Karsten Höser („LutherLAB“). Kontakt: orgel@langendreer-hats.de oder Tel. 0234/ 26 00 79.

Seit Januar 2002 gibt es die heutige evangelische Kirchengemeinde Langendreer. Die Idee für die Orgelinstandsetzung entstand im „LutherLAB“-Plenum. Niemeyer übernahm die Umsetzung. Über eine ehemalige Organistin kam der Kontakt zu Kaltenhauser zustande.

Experte lässt sich über die Schulter schauen

Das schöne an der Aktion: Interessierte Bürger dürfen dem Orgelbaumeister über die Schulter schauen. Elf Leute machen davon Gebrauch. Theo Albers und Alexander Jakobidze-Gitman gehören dazu. „Ich wollte wissen, wie eine pneumatische Orgel funktioniert und durfte hier viel über ihren komplexen Aufbau lernen“, freut sich Albers. Pianist Jakobidze-Gitman ist ebenso begeistert von der kompetenten Führung. Beide wollen nach Möglichkeit das Angebot von „LutherLAB“ nutzen und die Orgel demnächst spielen.