Bochum. Nachbarn des Bochumer Rotlichtviertels klagen über Lärm und Müll im Bereich der Gußstahlstraße. Es fänden keine Kontrollen durch die Polizei statt. Die Bezirksvertretung sprach bei einem Ortstermin von einem „rechtsfreien Raum“.
Der Kundenstrom setzt abends ab 21 Uhr ein. „Auch tagsüber ist der Lärm kaum auszuhalten“, klagt Dirk Leichsnering. Der 47-Jährige wohnt in einer, nun ja, verkehrsreichen Straße. 100 Meter weiter beginnt das Rotlichtviertel.
Rot sieht der Lkw-Fahrer, seitdem er Anfang des Jahres zur Johanniterstraße umzog. Unmittelbar vor dem Wohnhaus wirkt das Kopfsteinpflaster der Gußstahlstraße als Schallverstärker. Tagsüber eine Blechkarawane aus Pkw, Last- und Lieferwagen, zu späterer Stunde die Kunden der nahen Bordellbetriebe: „Der Lärmpegel ist unerträglich, zumal etliche Fahrer mit 70 oder 80 Sachen durchbrettern. Ans Schlafen bei offenem Fenster ist nicht zu denken“, schildert Leichsnering.
"keine Kontrollen der Ordnungsbehörden und Polizei"
Was ihn und seine Nachbarn besonders ärgert: „Es gibt keine Kontrollen der Ordnungsbehörden und Polizei. Wir sind offenbar Bochums Schmuddelecke, für die sich keiner zuständig fühlt.“ Das Schild, das eine Durchfahrt zum Bordell zwischen 19 und 5 Uhr verbietet: „wirkungslos, so gut wie nie beachtet, erst recht nicht von Taxis“, beobachtet Anwohner Dirk Grupe. Die wild parkenden Autos, die vor allem abends die raren Stellplätze für die Bewohner blockieren: „kaum wahrgenommen. Knöllchen gibt’s hier nicht“, grollt Nachbar Werner Malzahn.
Und es ist nicht nur der Straßenverkehr, der das Leben an der Gußstahlstraße erschwert. „Der Parkplatz gegenüber wird regelmäßig als Müllkippe und öffentliche Toilette missbraucht“, sagt Dirk Leichsnering. Manche Freier, dem Augenschein nach auch Zuhälter, nächtigten in ihren Autos.
Asphaltdecke statt Kopfsteinpflaster
Bei einem Ortstermin fanden Mitglieder der Bezirksvertretung die Mängelliste der Anwohner in dieser Woche bestätigt. „Das scheint hier ein rechtsfreier Raum zu sein“, erkennt Martin Oldengott (SPD) „dringenden Handlungsbedarf bei der Stadtverwaltung“. Die Kommunalpolitiker wollen sich in Kürze mit den Fachbehörden im Rathaus zusammensetzen, um über Lösungen zu beraten.
Dirk Leichsnering weiß, wie die aussehen könnten. „Kontrollen müssen her, um vor allem die Raser abzuschrecken und das Kopfsteinpflaster auf der Gußstahlstraße muss weg. Eine Asphaltdecke würde den Lärm deutlich senken.“
Handfeste wirtschaftliche Interessen
Für die Hausbesitzer am Rande der sündigen Meile gehe es auch um handfeste wirtschaftliche Interessen, betont Dirk Grupe. „Die Wohnbedingungen in diesem Bezirk müssen endlich verbessert werden. Immerhin ist es schon schwer genug, Wohnungen mit der Adresse Gußstahlstraße zu vermieten. Der Straßenname ist ja einschlägig bekannt.“