Bochum. Die Nutzung von öffentlichem Parkraum für Werbezwecke nimmt immer größere Ausmaße an. Jetzt haben auch örtliche Bordellbetreiber das Feld entdeckt. Gezielt werden Anhänger im Bereich von Autobahnaus- oder auffahrten abgestellt - zum Ärger der Anwohner.

WAZ-Leser Günter Dickhausen möchte sich nicht falsch verstanden wissen. „Ich hole hier nicht den moralischen Zeigefinger raus.“ Es sei eher zufällig, dass es sich bei den Dutzenden Werbeanhängern, die etwa auf beiden Seiten der Herner Straße im Bereich der Autobahnauffahrten stehen, bei Reklame-Tafeln für Bordelle handelt. Dickhausen ärgert sich am meisten darüber, dass die Anhänger Parkplätze belegen, eine Gebühr dafür jedoch nicht erhoben wird.

„Nach meiner Wahrnehmung stehen diese Anhänger dort ständig und werden auch nicht bewegt.“ Da ist sich der Pensionär recht sicher. Schon einmal, vor gut zwei Jahren gab es eine Welle der Entrüstung über diese sich immer mehr ausbreitende Werbemasche. Michael Mauer wetterte damals in dieser Zeitung: „Über 300 rollende Litfaßsäulen verschandeln das Stadtbild und blockieren den Parkraum.“

Flatrate-Sex und rollende Litfaßeulen

Schon damals galt, was auch heute gilt: Der Paragraf 12 der Straßenverkehrsordnung. Anhänger ohne dazugehöriges Zugfahrzeug dürfen bis zu zwei Wochen am Straßenrand abgestellt werden. Dabei sei es völlig unerheblich, ob damit eine Werbung verbunden ist oder eben nicht. Wer länger als 14 Tage an einem Ort steht, ohne den Anhänger nennenswert zu bewegen, dem droht ein Verwarnungsgeld von 20 Euro. Ob das zur Abschreckung reicht, darf getrost angezweifelt werden.

Doch nun bekommt die Angelegenheit eine weitere Dimension. Die WAZ konfrontierte die Stadt mit den seit einigen Monaten vermehrt abgestellten Bordell-Werbetafeln. Anders, als die vor ein paar Wochen illegal montierten Werbungsschilder („Flatrate“), müssen „Rollende Litfaßsäulen“ nicht angemeldet werden.

Zweckentfremdeter Parkraum

Aber: Dem Ordnungsamt sei dieser neue Trend ebenfalls aufgefallen, es prüfe derzeit, ob ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung vorliege. Eine bloße Geschmacklosigkeit reiche heute lange nicht mehr aus, um einzuschreiten, lässt die Stadt verlauten. Der Grund, im Laufe der Jahrzehnte hätte sich Ethik und Moral gewandelt, daher müsse es sich schon um einen schwer wiegenden Verstoß handeln.

Über diese Rechtsauffassung schüttelt Günter Dickhausen nur den Kopf: „Das betrifft doch jeden Bürger. Meiner Ansicht nach wird hier öffentlicher Parkraum zweckentfremdet genutzt.“ Die Unternehmen, ganz gleich, ob Bordelle oder andere Gewerbetreibenden, lachten sich doch ins Fäustchen. Die Werbung ohne Werbeetat mache sich bei den Betriebskosten richtig bezahlt.