Bochum. Eine muslimische Krankenschwester klagt vor dem Bundesarbeitsgericht gegen das Augusta-Krankenhaus in Bochum. Sie will bei der Arbeit in der evangelischen Einrichtung ein Kopftuch tragen. Die Klinik weigert sich. Am Mittwoch wird mit einem Urteil gerechnet.

Darf eine muslimische Krankenschwester in einer evangelischen Klinik ein Kopftuch tragen? „Nein“, sagen seit fünf Jahren die Augusta-Krankenanstalten. Am Mittwoch berät das Bundesarbeitsgericht in Erfurt. Dem Urteil wird grundsätzliche Bedeutung beigemessen.

Klägerin ist eine 36-Jährige Bochumerin. Die türkischstämmige Frau hat von 1996 bis 1998 in der Evangelischen Augusta-Klinik ihre Ausbildung absolviert und zweieinhalb Jahre als Krankenschwester an der Bergstraße gearbeitet – „problemlos“, wie Geschäftsführer Ulrich Froese betont. Nach der Geburt von zwei Kindern und Ablauf der Elternzeit pochte sie 2009 auf Wiedereinstellung. „Diesen Anspruch hätten wir selbstverständlich erfüllt“, schildert der Klinikchef. „Doch die Dame erschien plötzlich mit einem Kopftuch bei der Pflegedienstleitung und bestand darauf, dass Tuch auch bei der Arbeit nicht abzulegen.“

Streit geht in die dritte Instanz

Der Konfliktstoff beschäftigt seither die Justiz. Die Krankenschwester beruft sich auf ihre Religionsfreiheit. "Es sollte die weiblichen Reize bedecken", sagte die 36-Jährige am Mittwoch. Sie hatte dem Krankenhaus nach eigenen Angaben das Tragen alternativer Kopfbedeckungen angeboten, etwa eine Kappe oder die Haube einer Nonne.

Das Krankenhaus verweist auf seine Kleiderordnung, die das Tragen eines Kopftuches aus hygienischen Gründen untersagt. „Zudem“, so Froese, „halten wir das Kopftuch als Zwangsmittel und Symbol islamischen Glaubens in einem christlichen Krankenhaus bei aller gebotenen Toleranz für unvereinbar. Die Frau kann hier arbeiten, aber nur ohne Kopftuch!“ Die Klinik verlangt dagegen Neutralität von ihren nicht-christlichen Mitarbeitern. "Wir erwarten nicht, dass sie sich offen zum christlichen Glauben bekennen", sagte der Anwalt der Krankenhauses.

Die Schwester klagte. 2010 gewann sie vor dem Arbeitsgericht Bochum. 2012 obsiegte die Klinik in der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht, das das kirchliche Selbstbestimmungsrecht des Krankenhauses über das Grundrecht auf Religionsfreiheit stellte. Heißt: Die Klinik darf das Kopftuch verbieten; ein geforderter Verzugslohn muss nicht bezahlt werden.

„Ein halbes Kopftuch?“

Jetzt landete der Streit vor dem Bundesarbeitsgericht. Die Augusta-Klinik ist mit einem Anwalt in Thüringen vertreten. „Wir sind fest davon überzeugt, dass die Berufung abgewiesen wird und das Urteil des Landesarbeitsgerichtes Bestand hat“, sagte Ulrich Froese am Dienstag der WAZ. Einen Kompromiss könne es nicht geben. „Wie soll der aussehen? Ein halbes Kopftuch?“

Konfessionelle Kliniken in ganz Deutschland blicken auf Erfurt, weiß der Augusta-Geschäftsführer. „Es geht ums Prinzip. Es wird ein Grundsatzurteil erwartet.“

Ob sich die Krankenschwester mit einer Niederlage abfände, ist offen. Wie es heißt, denkt ihr Anwalt bereits an eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.