Bochum/Wetter. . Ein am Landgericht Bochum tätiger Richter räumt ein, dem Sohn der Nachbarn ins Gesicht geschlagen zu haben. Er habe allerdings aus Notwehr gehandelt, sagt der 64-Jährige. Gegen ihn läuft eine Strafanzeige wegen Körperverletzung. Immer wieder musste die Polizei zu dem Nachbarschaftsstreit ausrücken.

Ein wohl seit Jahren schwelender Nachbarschaftsstreit beschäftigt nun auch die Ermittlungsbehörden: Als die Polizei am vergangenen Dienstag zu einer ruhigen Anwohnerstraße in den Wetteraner Stadtteil Wengern ausrückt, ist der Einsatz für sie eigentlich nichts Außergewöhnliches, es ist der vierte allein innerhalb der vergangenen zwölf Monate.

Bislang ging es stets um Ruhestörung, diesmal kommt womöglich auch Körperverletzung dazu. Ein 64-Jähriger, der am Landgericht Bochum als Vorsitzender Richter Urteile in der Fünften Großen Strafkammer spricht, soll dem Sohn der Nachbarsfamilie ins Gesicht geschlagen haben. Resultat: ein blaues Auge. Der Polizei gilt er damit als leicht verletzt. Gegen den Juristen läuft eine Strafanzeige wegen Körperverletzung. Die Familie erhebt gegenüber der Westfalenpost schwere Vorwürfe gegen den Richter (siehe Infokasten).

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Dabei steht aus Sicht der Polizei bislang nur fest, dass es eine „handgreifliche Auseinandersetzung“ zwischen beiden Parteien, dem Richter und seiner Frau sowie Vater und Sohn der Nachbarsfamilie gegeben hat, sagt Dietmar Trust, Sprecher der Kreispolizeibehörde in Schwelm: „Die Ursache war wohl zu laute Musik – und dann ist die Sache aus dem Ruder gelaufen.“ Wer wen wann angegangen habe, dazu liefen derzeit noch die Ermittlungen. Die Beteiligten hätten gegenüber der Polizei sich widersprechende Angaben gemacht. Laut Aussage der Nachbarsfamilie soll die Aggression eindeutig von dem Richter ausgegangen sein.

Staatsanwaltschaft Hagen entscheidet über das weitere Vorgehen

„Wir liegen seit drei Jahren im Clinch“, sagt Richter L. Von den Nachbarn habe er sich vor allem durch laute Musik bis in die Nacht belästigt fühlt. Bis drei, vier Uhr morgens gehe die Beschallung bisweilen, für ihn und seine Frau nach seinen Angaben eine enorme Belastung. Auch am vergangenen Dienstag will L. wieder zu den Nachbarn gegangen sein. Nach 22 Uhr sei das gewesen, er habe zuvor schon im Bett gelegen. L. habe gebeten, die Musik leiser zu machen – der Wortwechsel wird hitziger.

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Beteiligt sind jetzt der 28-jährige Nachbarssohn, seine beiden 65-jährigen Eltern, auch die 57-jährige Frau des Richters stößt hinzu. Es kommt zum Handgemenge, bei dem der Vater des Nachbarssohns die Frau des Richters angegriffen habe.

Auch Familie L. wird deshalb bei der Polizei später einen Strafantrag stellen. Schließlich sei der Nachbarssohn mit erhobenen Händen, einem Gegenstand in der Hand und wüsten Bedrohungen auf den Richter zugerannt: „Da habe ich ihn geschlagen“, sagt L., „aber das war eindeutig eine Notwehrsituation.“

Bochumer Landgericht ist der Fall bekannt

Dem Bochumer Landgericht ist die Causa bekannt, sagt Sprecher Volker Talarowski, der befürchtet, dass der unschöne Vorfall in Zukunft noch einige Probleme mit sich bringen könnte. Disziplinarrechtlich gebe es bislang aber keinen Grund, Maßnahmen zu ergreifen: „Wir werden abwarten, was die Ermittlungen ergeben.“ L. wird also vorerst weiter in allgemeinen Strafsachen und in Jugendsachen Recht sprechen.

Wenn die Kreispolizei in Schwelm ihre Ermittlungen abgeschlossen hat, muss die zuständige Staatsanwaltschaft in Hagen über das weitere Vorgehen entscheiden. Für L. steht schon fest, dass sich die Auseinandersetzung zwischen ihm und seiner Frau mit den ungeliebten Nachbarn längst zu einer „unendlichen Geschichte“ entwickelt hat. Das Haus in Wetter-Wengern ist ihr Eigenheim. Nach Alternativen haben sie sich aber schon umgesehen.