Bochum. Die benachbarten Kunstorte „Neuland“ und „adhoc“ zeigen zwei Eröffnungen, die sehr unterschiedlich vom Umgang mit dem Raum handeln
Die freie Kunstszene sucht sich gerne besondere Räume. Aus Not, denn wer hat schon einen klassischen „White Cube“ zur Verfügung, aber auch aus Lust. Wie interessant das sein kann, zeigte der Freitagabend in der Schmidtstraße. Hier eröffneten in kurzem Abstand - zeitlich und räumlich - zwei Kunst-Orte. Christian Gode zeigt Rauminstallationen im Lokal „Neuland“ und die Performancekünstlerin Stefanie Klingemann regte im adhoc-Kunstraum die Leute mit ihrer Show „Caramba“ mächtig auf.
Wenn freie Künstler außerhalb von Institutionen ausstellen, dann bespielen sie oft weiße Wände: in Arztpraxen, Anwaltskanzleien, Firmenbüros, Kneipen. Christian Gode darf im Neuland gleich zwei Räume bespielen und hat sie aufwändig verändert. Der als Pädagoge an einem Wattenscheider Gymnasium tätige Künstler hat einen Raum gar mit einer zusätzlichen Mauer versehen, die diagonal abfällt. Sie gibt für den hereinkommenden Betrachter langsam den Blick frei auf die neue Raumordnung, deren Blickfang wiederum Linien sind, die eine der Ecken akzentuiere. Sie befreien den Blick aber durch ihre dynamische Anordnung unverzüglich und lenken ihn wieder ins Offene.
Reifenspuren sind jetzt Teil des Kunstwerks
Im zweiten Raum spielt Godes Arbeit mit dem Licht. Der ansonsten geschwärzte Raum weist zwei bauliche Anomalien auf, die der Künstler weiß hervorgehoben hat. Mittels etwas Silberfolie auf dem Boden hat er sie miteinander verbunden, das Licht hierauf gerichtet und somit eine sehr starke Akzentuierung erreicht. Die verspielte Verbindung bekommt dadurch fast schon ein überdeutliches Lichtkunst-Pathos-Moment. Auf jeden Fall sehr ungewöhnliche Kunst im gastronomischen Raum.
Das gut 40-köpfige Vernissage-Publikum zog dann die 60 Meter weiter, um der Jürgen-Klauke-Schülerin Stefanie Klingemann und ihrer Performance „Caracho“ beizuwohnen. Ort des Geschehens ist hier eine Doppelgarage, die monatlich bespielt wird. Diesmal rauschte die Künstlerin in einem silbernen Mietwagen heran, fuhr in die Garage ein und begann darin auf engstem Raum ein Wendemanöver in unzähligen Zügen. Klingemann, deren Arbeiten sich oft um Geschlechterklischees und Weiblichkeitsbilder drehen, begab sich also in eine überdrehte Einparksituation vor Zuschauern. Spätestens als sie eine kleine Beule in die Tür fuhr, wurde es einem Zuschauer tatsächlich zu viel. Er erfüllte das Gentleman-Rollenklischee und „half“ mit ein paar Anweisungen. Nach gut zwanzig, gefühlten 35 Minuten, gelang aber das Wendemanöver. Als manifester Teil des Kunstwerkes verbleiben die Gummi-Reifenspuren am Boden.