Bochum. Tausende Menschen, die sich in den Armen liegen. Freudentränen, Fahnenmeere, Hupkonzerte, Bengalos, Böller und Sirenen. Bochum feierte in der Nacht zu Montag die Helden von Rio und den vierten Stern. Eine Nacht, die für Fußballfans unvergessen bleiben wird.
„Das ist der schönste Tag meines Lebens“, krächzt Philip (35) heiser nach dem Spiel. „Mit dem Sieg hatten wir gerechnet – aber nicht damit, dass das so nervenaufreibend werden würde. Ich hab’ mir die Seele aus dem Leib geschrien. Jetzt bin ich einfach nur glücklich.“ So wie etwa 10.500 weitere Fußballfans, die alle zum Finale Deutschland-Argentinien in den Westpark zum Public Viewing gekommen waren, um dabei zu sein, wie Deutschland seinen vierten Weltmeister-Titel holt. Die Stimmung unter der Großleinwand war ausgelassen: Ein Meer aus Schwarz-Rot-Gold, Fahnenschwenken und frenetischem Jubel.
Die Menge fieberte und jubelte von der ersten Sekunde bis zum erlösenden Spielabpfiff nach Verlängerung mit. Und litt: „Ich bin fast gestorben, als in der 30 Minute das beinahe-Tor für Argentinien gefallen ist“, sagt Philip.
Das WM-Finale im Maracana-Stadion in Rio verlangte den Zuschauern hier alles ab: Entsetzen bei zwei gelben Karten für Deutschland, Schrecksekunden beim Abseitstor von Higuain, unbändiger Applaus, als Torrekord-Jäger Klose das Spielfeld verlässt, Aufschreie in der Verlängerung bei den zwei Fouls gegen Spielmacher Schweinsteiger, Jubel und Beifall, als er sich zurück aufs Spielfeld schleppt, Pfeifkonzerte gegen den Schiri und eine tobende Menge beim Götze-Tor, die im wahrsten Sinne des Wortes im Westpark die Erde beben ließ.
Nicht nur die deutschen Jungs in Brasilien haben Sonntag Nacht alle gegeben, auch die Menge im Westpark kam an ihre nervlichen Grenzen. „Das war ja so anstrengend und spannend, wie ich es nie gedacht hätte. Ich hatte auf ein einfaches 5:1 getippt und habe hier stattdessen dramatische 120 Minuten gelitten und gefiebert“, ist Ulf (42) sichtlich erschöpft und erleichtert nach dem Sieg.
Kein Rauskommen möglich
Im Anschluss ans Spiel pilgerten die Massen ausgelassen in die proppevolle Innenstadt, wo es zu Jubelfeiern und Autokorsos mit ohrenbetäubenden Hupkonzerten kam. Sogar der Verkehr stand zeitweise komplett still. Im Bermudadreieck feierten Tausende Menschen den Sieg. Insgesamt verlief das Fußballfest weitestgehend friedlich: Laut Polizei gab es insgesamt zehn Strafanzeigen wegen des Abbrennens von Pyrotechnik und Körperverletzungsdelikten mit drei Leichtverletzten, in einem Fall kam es zu einer Widerstandshandlung, bei der ein Polizeibeamter verletzt wurde. Zwei Personen wurden in Gewahrsam genommen und acht mit Platzverweisen belegt.