Bochum. . Barbara Jeßel hätte bei der Kommunalwahl beinahe das Direktmandat für die Grünen im Ehrenfeld geholt. Stiepel bleibt CDU-geprägt. Allein dort erhält die SPD erneut nicht das Direktmandat. Der neue, 84-köpfige Rat tritt im Juni erstmals zusammen.

Hände hat sie reichlich geschüttelt, einige Umarmungen gab es natürlich auch. Und heute Abend wäre bei der Kreismitgliederversammlung der Grünen eigentlich auch ein Blumenstrauß fällig. Sonnenblumen wären passend für Barbara Jeßel. Die 59-jährige Pädagogin hat über Listenplatz 5 nicht nur auf Anhieb den Sprung in den Rat der Stadt geschafft, sondern mit 27,04 Prozent der Stimmen im Ehrenfeld auch für das beste Wahlergebnis ihrer Partei in einem Stimmbezirk gesorgt. Beinahe hätte sie sogar noch dem SPD-Rivalen Friedhelm Lueg (29,94 Prozent) das Direktmandat vor der Nase weggeschnappt. „Ich hätte ihn schon gerne geschlagen“, sagt sie. Und war gar nicht so weit weg von dem 73-jährigen Polit-Routinier, der künftig das älteste Mitglied im Rat ist. Überhaupt hatte die Parteinovizin einen guten Riecher. „Ich habe vorausgesagt, wir holen 12,7 Prozent.“ 12,83 Prozent sind es am Ende geworden. Eine Punktlandung.

Dass sie als „Wattenscheiderin“ in einem ganz anderen Stadtteil auftrumpft, verblüfft auf den ersten Blick. Allerdings ist die Grüne mit dem Vorzeigeergebnis fest im Ehrenfeld verankert. Lange hat sie dort gelebt, hat 13 Jahre das „Orlando“ betrieben, hat die Initiative „Viertel vor“ mitbegründet und wird über kurz oder lang zurückkehren. Für eine Wohngemeinschaft hatte sich im Umfeld einfach keine Wohnung gefunden, die groß genug gewesen ist. Daher der Umzug vor einem Jahr nach Wattenscheid, mittelfristig will Jeßels allerdings wieder zurück in ihren „Heim-Stadtteil“. Momentan bereiteten sie und ihre Mitstreiter einen Förderantrag für eine Mehrgenerationen-WG vor. „Mich treibt die Frage um, wie man im Ehrenfeld alt werden und in seiner Wohnung bleiben kann.“

Glaubwürdige Stadtteilarbeit

Die Stadtteilarbeit, so Jeßel, habe ihr offenbar genügend Glaubwürdigkeit bei den Wählern gegeben. Und mit ihrem eingeschlagenen Weg in die Politik hoffe sie jene Unterstützung ehrenamtlicher Arbeit möglich zu machen, die sie bislang aus politischen Kreisen ein wenig vermisst habe.

Achtbar aus der Affäre gezogen hat sich auch Maria-Christina Hagemeister in Stiepel. Aber wie so viele ihrer Vorgänger hat sich die 32-Jährige als einzige SPD-Direktkandidatin in ihrem Wahlbezirk geschlagen geben müssen. „Wir sind dennoch zufrieden. Das Ergebnis ist um zwei Prozentpunkte besser als beim letzten Mal“, sagt Stiepels SPD-Vorsitzender Johannes Schwill, der 2009 gegen den damaligen Sieger und auch diesmal erfolgreichen CDU-Landtagsabgeordneten Christian Haardt unterlegen war. „Nur unverbesserliche Optimisten hätten daran geglaubt, dass wir das Mandat holen.“ 2020 gibt es den nächsten Anlauf.

Vier neue Büros müssen eingerichtet werden

82 Mitglieder aus sechs Fraktionen sowie drei Gruppierungen saßen bislang im Rat der Stadt. Und in Zukunft wird Bochums Lokalpolitik noch bunter. Die jüngste Kommunalwahl hat vier weiteren Parteien, eine mit Fraktions- (AfD) sowie drei mit Gruppen-Status (Piraten, Stadtgestalter, Pro NRW) den Einzug ins Rathaus beschert, der Rat wächst auf 84 Mitglieder in 13 Parteien an. Was das für Politik-Stil und Debattenkultur bedeutet, bleibt abzuwarten. Mit einer Frage muss sich die Verwaltung aber seit Montag beschäftigen: Wo werden die neue Mitglieder untergebracht? Schon jetzt sind alle Fraktionen und Gruppierungen mit ihren Büros in vier unterschiedlichen Gebäuden sind untergebracht: im Rathaus, im Technischen Rathaus, dem Bildungs- und Verwaltungszentrum und im Postgebäude.

Wo die Newcomer einziehen können, das werden die von Frank Allmeroth geleiteten Zentralen Dienste klären. Sie machen aus, wo freie Räume zur Verfügung stehen oder schlagen mögliche Umzüge vor. „Wir bemühen uns, alle einvernehmlich, so schnell wie möglich und nah unterzubringen“, sagt Stadt-Sprecher Thomas Sprenger.

Kommunalwahlen 2014

Die Gemeindeordnung sieht vor, dass allen gewählten Gruppierungen Räume und Kommunikationsmittel zur Verfügung gestellt werden. Und dies müsste so schnell wie möglich geschehen, um eine zeit- und sachgemäße Vorbereitung auf die erste Ratssitzung der neuen Legislaturperiode zu ermöglichen. Konstiuieren wird sich der neue Rat im Juni. Bis dahin müssen vier Büros für AfD, Piraten, Stadtgestalter und Pro NRW gefunden und mit Schreibtischen, Telefonen und PC-Anschlüssen ausgestattet werden.