Bochum. . Nach heftiger Kritik an der Behandlung eines Enkeltrick-Falles hat die Bochumer Polizei teilweise um Entschuldigung gebeten. Gleichzeitig verteidigt die Behörde aber die Entscheidung, Bürger nicht als Lockvogel einzusetzen. Man hätte jedoch zumindest einen Streifenwagen schicken können.
Nach dem WAZ-Bericht über einen versuchten Enkeltrick hat die Polizei am Montag um Entschuldigung gebeten. Sie zeigte auch „vollstes Verständnis“ für die kritische Diskussion in der Leserschaft.
Wie berichtet, hatte am vergangenen Mittwoch eine 87-jährige Bochumerin der Polizei am Telefon angeboten, einen unbekannten Anrufer, der sich als ihr Enkel ausgab und um 35.000 Euro in bar wegen einer angeblichen Notlage bat, bei einer fingierten Geldübergabe festnehmen zu können. Ein Polizeibeamter hatte ihr am Telefon aber erklärt, dafür sei kein Personal da. „Diese Aussage des Kollegen war definitiv sachlich falsch“, sagte gestern Polizeisprecher Axel Pütter. „Dafür kann man sich nur entschuldigen.“ Die Polizei hätte sehr wohl zumindest einen Streifenwagen zur Wohnung der Seniorin schicken können.
Andererseits hat er die Entscheidung, keine fingierte Geldübergabe durchzuziehen, nachdrücklich verteidigt. Keineswegs dürfe ein Bürger, erst recht kein älterer, als „Lockvogel“ eingesetzt werden. Bei diesen Enkeltrick-Betrügern handle es sich um „hochkarätige Straftäter, die zu allem fähig“ seien. Man könne nie wissen, wie sie am Tatort reagieren würden.
Außerdem: Auch im Nachhinein müssten die Enkeltrick-Opfer eventuell mit Repressalien rechnen. Pütter: „Allein das Gefühl, in Angst leben zu müssen, können wir keinem zumuten.“ Ein Täter wolle man „nicht um jeden Preis“ fassen.
„Die beobachten jede Bewegung. Sie riechen die Polizei“
Ohnehin sei ein Zugriff bei einer fingierten Geldübergabe schwieriger als manche denken: Die durchorganisierten Tätergruppen, deren Hintermänner im Ausland säßen, würden das Haus des Opfers durch Komplizen genau im Auge behalten. „Die beobachten jede Bewegung. Sie riechen die Polizei.“
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Pütter räumt ein: „Täter, die anonym arbeiten, haben es immer einfacher. Das Risiko, erwischt zu werden, ist relativ gering.“ Dennoch sei die Polizei solchen Täter auf der Spur; wie genau, wollte der Kriminalhauptkommissar nicht sagen.
Zum Personalmangel geäußert
Unabhängig von diesem Enkeltrick-Fall hat sich der Chef der Bochumer Gewerkschaft der Polizei, Holger Richter, auf WAZ-Anfrage zum Thema Personalmangel geäußert: „Durch ständig neue Aufgaben wird die Polizei trotz immer älter werdender Kolleginnen und Kollegen in einem Höchstmaß herausgefordert. Dem muss seitens der Politik entgegengewirkt werden mit Neueinstellungen, damit der Qualitätsansatz bestandsfähig bleibt. Denn nichts sehnlicher wünscht sich die Polizei auch für die Zukunft, Täter immer und überall ergreifen zu können.“
Mit den Zusatzaufgaben meinte Richter eine wachsende Belastung etwa durch Internet-Kriminalität, Fußballeinsätze und Einbrüche.