Bochum. Im Zuge seiner Tournee „Die Himmel rühmen“ gab Heino in der Hiltroper Erlöserkirche sakrale Lieder zum besten. Seine berühmt-berüchtigten Rock-Plagiate fanden ebenfalls ihren Weg ins Programm. Für die gab es vom größtenteils aus älteren Semestern bestehenden Publikum den größten Applaus.
Es war die wohl erstaunlichste Metamorphose des Musikjahres 2013. Volksmusik-Ikone Heino streifte sich Lederjacke und Totenkopfring über, rückte die schwarze Sonnenbrille zurecht und coverte deutschsprachige Rock- und Popsongs. Anfangs belächelt, ja verhöhnt, avancierte „Mit freundlichen Grüßen“ mit mehr als 300.000 verkauften Tonträgern zu einem der erfolgreichsten Alben 2013. Heino, Jahrzehnte taugliches Synonym für typisch teutonischen Stumpfsinn und Schwarze-Barbara-Spießigkeit, ist plötzlich cool, hip, schwer angesagt. So schwer, dass er im Sommer beim legendären Wacken-Festival mit Rammstein auf der Bühne stand und von den Metal-Jüngern gefeiert wurde.
Wird ihm sein älteres Stammpublikum den Ausflug in fremde Gefilde verzeihen? Die Tournee „Die Himmel rühmen“ sollte eine Antwort geben. Wie zuletzt 2009 startete Heino im Herbst 2013 zu einer ausgedehnten Konzertreise durch deutsche Gotteshäuser. Diesmal, kündigte er an, werde er nicht nur sakrales Liedgut, sondern auch einige seiner modernen Rock-Plagiate im Programm haben.
Senioren begeistert von „Rocksongs“
Zwei Monate später ist gewiss: Heino ist beliebter denn je. Die 800 Plätze waren fast komplett besetzt, als der berühmteste Perückenträger der Republik am Montagabend in der Erlöserkirche zu Gast war.
Zwar war es hauptsächlich das vertraute Ü-60-Publikum, das Heino einen rauschenden Empfang in Hiltrop bereitete (jüngere, neue Fans bildeten trotz des aktuellen Heino-Hypes die Ausnahme).
Zwar waren es vor allem die altbekannten Weisen und Choräle wie „Ach, ich hab’ in meinem Herzen“ oder „Lobe den Herren“, die betagte Heino-Liebhaber in Verzückung versetzen (großartig insbesondere die Mozart-Adaptionen).
Gleichwohl gelang es Heino, auch mit seinen aktuellen Werken zu überzeugen, ja zu begeistern. Auch wenn kaum einer seiner älteren Anhänger die Originale von Rammstein, den Ärzten („Junge“) oder Clueso („Ich bin dabei“) kennen dürfte: Verschreckte, gar verstörte Senioren waren nicht auszumachen. Im Gegenteil: Insbesondere nach den Rocksongs brandete der Applaus im Gotteshaus auf.
Heinz Georg Kramm nahm’s mit einem milden Lächeln. Sich mit 75 noch einmal neu zu erfinden, ohne seine Wurzeln zu kappen: Dafür darf sich Heino rühmen lassen.