Bochum. . Das Wasserwerk Stiepel stellt Ende 2015/Anfang 2016 die Trinkwassergewinnung ein. Noch aber läuft die Produktion auf vollen Touren. Stündlich werden dort 2000 Kubikmeter Trinkwasser hergestellt.

Wer ins Herzstück des Wasserwerks Stiepel blickt, könnte meinen, sich im Maschinenraum eines riesigen Ozeandampfers zu befinden. Überall verlaufen mächtige Leitungen und Rohre, auf denen so ungeheuer viel Druck herrscht, dass das Wasser im Falle eines Rohrbruchs mehr als 100 Meter hoch schießen könnte. Überall sind gewaltige Ventile, Wellen und Messinstrumente montiert. Und mittendrin in diesem Labyrinth aus Stahl und Hochtechnologie liegen sechs mächtige Turbinengetriebe, die mit Hilfe einer Art Schiffsschraube vom Fließwasser der Ruhr angetrieben werden und mit den Pumpen gekoppelt sind. Sie sind der Motor im Kreislauf der kompletten Trinkwasserproduktion und sorgen dafür, dass wir Bochumer jeden Morgen zu Hause duschen und Kaffee kochen können.

„Dieses Wasserwerk läuft 24 Stunden, 365 Tage durch“, sagt Betriebsingenieur Björn Wölfel. Seit mehr als 100 Jahren versorgt die Anlage, die unmittelbar am Ruhrufer unter der Burg Blankenstein liegt, die Menschen in Bochum. Aber bald ist es damit vorbei. Die Wassergewinnung dort befindet sich zurzeit quasi kurz vor der Pensionierung. Ende 2015/Anfang 2016 wird die Produktion eingestellt. Der Gesetzgeber hat die Richtlinien für die Mindestqualität verschärft, eine Nachrüstung würde die Stadtwerke und Gelsenwasser - die beiden Betreiber des Werks - eigenen Angaben zufolge 20 Millionen Euro kosten. Das ist ihnen zu viel. Deshalb beziehen sie ab 2015/2016 das bisher in Stiepel erzeugte Wasser für Bochum vom Wasserwerk Witten, das bereits jetzt auf dem neuesten Stand ist. Von Witten aus wird durchs Lottental für geschätzt 7,5 Millionen Euro Kosten eine fünf Kilometer lange Wasserleitung gebaut, die bis zum Wasserhochbehälter am Kloster Stiepel führt. Dieser Speicher in 110 Metern Höhe wird zurzeit noch vom Wasserwerk Stiepel beliefert. Vom Hochbehälter aus wird das Trinkwasser in das 1162 Kilometer lange Bochumer Leitungsnetz verteilt - eine Strecke so lang wie von Bochum nach Rom.

Sauberes Grundwasser verwendet

Die sieben Mitarbeiter im Werk entnehmen das Wasser dabei nicht der Ruhr selbst (obwohl sie zuletzt immer sauberer geworden ist), sondern dem viel saubereren Grundwasser, das beim Durchsickern durch den „Ruhrschotter“ auf natürliche Weise vorgereinigt worden ist. Zu beiden Seiten des Ufers ragen 74 Brunnen in zehn Meter Tiefe. Von dort wird das Wasser mit der Turbinenkraft per Unterdruck herausgesaugt und in die einzelnen Filtersysteme des Wasserwerks geschleust. Erst muss das Grundwasser durch eine Entsäuerung. Danach wird es durch insgesamt acht haushohe Druckfilterbehälter gepumpt, in denen es durch Bims, Aktivkohle und Quarzsand gepresst wird und weitere Inhaltsstoffe wie Eisen und Mangan verliert. Am Ende steht noch eine Behandlung mit UV-Licht an, um mögliche Bakterien abzutöten.

© Ingo Otto / WAZ FotoPool

Stündlich werden auf diese Weise rund 2000 Kubikmeter Wasser trinkfertig produziert - 15 Millionen im Jahr. Damit kommt Bochum freilich nicht aus. Rund noch einmal so viel Wasser bezieht Bochum aus den Wasserwerken Essen-Horst und (auch jetzt schon ) Witten.

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Wenn die Wassergewinnung eingestellt wird, bleibt das 1909/10 erbaute Gebäude aber erhalten. Von außen ändert sich nichts, innen aber viel: „Wir werden die gesamte Turbinentechnik umbauen“, sagt Ingenieur Wölfel. Dann wird die Stromgewinnung, die dort ebenfalls bereits jetzt läuft, von 600 auf 6000 Megawattstunden aufgestockt. Das Wasserwerk wird zur reinen Wasserkraftanlage. Umbaukosten: geschätzt sechs Millionen