Bochum. Seit 25 Jahren hilft das Blaue Kreuz alkoholkranken Menschen, den Ausstieg aus dem Teufelskreislauf Trinken zu schaffen. Dass es nicht ohne Rückfälle, ohne Durchhänger geht, zeigt das Beispiel von Andreas Pollock. Sein Weg aus der Sucht führte über Selbsthilfe und eine Tischtennisgruppe.

Freundin weg, Job weg, Führerschein weg. Regie führte im Leben von Andi Pollok (36) der Alkohol. Nichts ging mehr ohne hochprozentigen Stoff. „Morgens brauchte ich Wodka, um zum Rasieren die Klinge halten zu können“, erinnert er sich an die Zeit als Pegeltrinker. Schon als Jugendlicher ließ er keine Party aus. „Wenn es keine Veranstaltung gab, habe ich mir welche gesucht“, berichtet er. In der ersten eigenen Wohnung und mit dem Wirtschaftsstudium begann er, allein zu trinken. „Ich hatte Prüfungsangst und habe am Abend vorher ganz viel getrunken“, sagt er. Den Kater bekämpfte er, indem er morgens nachschüttete. Nach seinem Studium stieg Pollok in einer Steuerkanzlei ein und auch auf. Den Karrieredruck und Stress habe er nur mit Alkohol aushalten können, sagt er.

Lange konnte er seine Sucht vor der Familie und im Beruf verbergen. Erst als er mit dreißig Jahren mit sechs Promille auf der Intensivstation wach wurde, kamen die Karten auf den Tisch. „Die Aufklärung über Alkoholkrankheit hatte meine Familie nicht. Und Sätze wie ,Dann hör doch auf zu trinken, das Leben ist zu schön dazu’ halfen mir nicht weiter“, so Pollok.

Rückfälle und Verluste

Die erste von etwa 15 Entgiftungen, die er als „Hölle“ bezeichnet, blieb für Pollok ohne Konsequenzen. Er ging nach Hause, machte weiter wie bisher. Die Freundin verließ ihn. Mit 32 Jahren verlor Pollok auch seine Arbeit, ohne dass sein Arbeitgeber die Krankheit thematisierte. „Das war eine große Zäsur“, sagt Pollok. Er ergriff erstmals selbst die Initiative, meldete sich zur Entgiftung an und machte eine achtwöchige Therapie in Tönisstein. Er fand neue Arbeit, die er aber noch in der Probezeit wieder verlor. Rückfall.

Ein Oberarzt fragte ihn: „Haben Sie eine Patientenverfügung? Möchten Sie mal Kinder? Das können Sie vergessen, Sie werden nicht so alt, wenn Sie so weitermachen.“ Etwa an diesem Punkt änderte Pollok seine Einstellung:„Mir wurde klar, dass es nicht reicht, mit dem Trinken aufzuhören, sondern dass ich mein Leben umkrempeln muss. Sporadisch hatte er schon Kontakt zur Selbsthilfegruppe des Blauen Kreuzes und die Visitenkarte von Freizeitkoordinator Manfred Langheit bereits in der Hinterhand. Ein Anruf bei ihm wendete sein Schicksal. Seit zwei Jahren lebt er trocken. „Ich habe schon während der Entzüge Tischtennis gespielt.

"Es funktioniert wirklich!"

Jetzt trifft er sich freitagabends in der Tischtennisgruppe des Blauen Kreuzes. Er fühlt sich wohl, weil er etwas anderes macht als Trinken und weil er akzeptiert wird. Pollok initiierte ein Sportcafé im Blauen Kreuz, das Jüngere ansprechen soll. „Und sie kommen wirklich“, freut sich Langheit über das Engagement. Auch den Job hat Andi Pollok gewechselt und arbeitet als Betreuer und Schuldnerberater bei der Diakonie. Zu guter Letzt kommt bald sein erstes Kind, für das er noch lange zu leben gedenkt.