Bochum. .
Kaum, dass die Sonne ein wenig an Frühling erinnert, da strahlt der Lack in neuem Glanz (auch wenn es eiskalt bleibt). Die Schlange der Autos, die sich Meter um Meter auf die Einfahrt der Waschanlage zubewegen, wächst, je mehr sich die Sonne gegen die Wolken durchsetzt. Im Minutentakt rollen die Wagen auf den Hof und reihen sich ein, um sich dem Pflegeprogramm ihrer Wahl zu unterziehen.
Was darf es sein? Standardwäsche oder mit Aktivschaum, Unterbodenreinigung oder Wachspflege gefällig? Es herrscht Hochbetrieb an der Usi Waschanlage im Gewerbegebiet Rombacher Hütte. „Neulich bei Sonnenschein waren 400 Leute da. An Tagen mit schlechtem Wetter sind es manchmal unter 50“, sagt der Dortmunder Betriebsleiter Siebelt Faust. „Wenn an einem herrlichen Tag in einer Waschanlage nichts los ist, machen die irgendwas falsch“, lacht er. Schließlich fällt im Sonnenlicht der Dreck, der sich über den Winter auf der Karosserie angesammelt hat, gleich mehr auf.
Glänzende Autos für VIP
Serkan Kilic ist schon zum vierten Mal hier. Er sorgt als Azubi der Disko Taksim dafür, dass die noblen Wagen, die zum Club gehören und mit denen die geladenen Stars und Sternchen zu ihrem Auftritt kutschiert werden, gepflegt aussehen. Gerade steht Kilic mit dem schwarzen Audi des DJ in der Schlange. „Ich komme immer hierher zum Autowaschen“, sagt Kilic. „Der Service ist gut, die Mitarbeiter sind sehr zuvorkommend.“
Serkan Kilic weiß bereits, was ihn erwartet, als er an der Reihe ist. Er fährt das Fenster hoch, bevor er die erste Station der Anlage passiert, wo mit Wasser und Reinigungsmittel der erste grobe Schmutz gelöst wird. Doch weniger erfahrenen Autowäschern unterläuft durchaus manchmal ein Fauxpas: „Dass jemand mit offenem Fenster oder Schiebedach in den Vorsprühbogen einfährt, kommt schon mal vor“, sagt Siebelt Faust. Dann wird die Wäsche auch für den Fahrer zu einer feuchten Angelegenheit. Im nächsten Schritt sorgt ein Mitarbeiter mit einem manuellen Hochdruckreiniger dafür, dass der Staub aus den Vertiefungen der Fahrzeugoberfläche geblasen wird. Nach einem Zwischenstopp an der Kasse, wo das Programm gewählt und in der automatisierten Anlage eingestellt wird, geht es weiter auf die Förderkette, wo der Fahrer nur noch den Wagen rollen lassen und abwarten muss, wie die rotierenden und wabernden Lappen und tosenden Düsen und Gebläse rundherum ihren Dienst erfüllen.
Selbst ist der Autobesitzer
Auch außerhalb der Waschstraße herrscht derweil reges Treiben. Da werden Teppiche ausgeklopft, Innenräume ausgesaugt, Felgen und Motorhauben poliert. Der Seat Auris der 18-jährigen Natalie Knop bekommt eine Sonderbehandlung per Handwäsche durch die Fahranfängerin, die großen Wert auf die Pflege ihres schwarzen Flitzers legt. „In den zwei Monaten, seit ich das Auto habe, war ich schon zwei Mal hier“, sagt Natalie. Sie hat mit ihrer Freundin Amelie Westerhausen auf einer Spritztour einen Stopp auf dem Hof der Waschanlage eingelegt, wo man nach Münzeinwurf Schwämme und Pflegemittel nutzen kann, um den Wagen auf Hochglanz zu bringen. „Das ist günstiger und wenn ich mir die Schlange anschaue, dauert das nicht länger, als durch die Waschstraße zu fahren“, so Natalie.
Unentschlossen ist währenddessen Heinz-Günter Hausmann, der in einem tiefer gelegten Renault Twingo vorgefahren ist. Hausmanns Tochter, die Vorbesitzerin des Wagens, hatte ihn nach ihrem Geschmack aufgemöbelt und dem Vater erklärt, dass er sich bei der Waschanlage erkundigen müsse, ob der Freiraum über dem Boden ausreiche. Als Hausmann den Betriebsleiter zu Rate zieht, klärt sich schnell: Die Mindesthöhe von zehn Zentimetern erfüllt der Twingo.