Bochum. . „Unter der Dusche“, schreibt Patrick N. Kraft, „überlegte ich, welches unserer Küchenmesser wohl am schärfsten wäre. Später dann, wie man am besten den Kopf auf die Eisenbahnschienen legt, damit es auch wirklich funktioniert.“
An Patrick N. Kraft stimmt nur der Vorname. Für seinen Roman hat er sich ein Pseudonym zugelegt. Unverfälscht ist die Geschichte, die der Familienvater aus dem Ehrenfeld zu Papier gebracht hat. Sie erzählt vom Aufstieg und Fall. Von falschem Ehrgeiz und wahren Werten. Von einem verhängnisvollen Weg, der statt zum Ironman in die Depression führte. Sein jetzt erschienenes Buch begreift er als Warnung – und als Mutmacher.
Schneller, höher, weiter: Als Banker klettert Patrick N. Kraft zügig die Karriereleiter empor. Tempo macht er auch beim Joggen. Er hat 20 Kilo zugelegt. Angespornt durch einen Freund, beginnt er nach Feierabend mit dem Laufen. Das Hobby mutiert zur Sucht. Frau und Kinder werden vernachlässigt. Ein Rekord übertrifft den nächsten. Die ersten Marathonläufe wecken den Jagdinstinkt. Laufen ist nicht mehr genug. Exzessives Radfahren und Schwimmen kommen hinzu. Kritik, Zweifel? „Die spinnen alle. Ich bin doch der Gute!“ Sein Ziel: der Ironman-Triathlon.
Dann der Unfall. Beim Training stürzt Patrick N. Kraft vom Rad und bricht sich den Beckenknochen. Von jetzt auf gleich geht’s von der Überholspur auf den Standstreifen. Monate ist er ans Krankenbett gefesselt. Nicht nur seine Ironman-Ambition, auch seine Beförderung im Job ist geplatzt. Der strahlende Held ein armer Wurm.
Schmerz, Leere und Ausweglosigkeit
„Alles Positive in meinem Leben schien fort zu sein“, beschreibt Kraft die unheilvolle Melange aus Schmerz, Leere und Ausweglosigkeit. Sie mündet in einer Sinn- und Ehekrise und in einer Depression, die in der LWL-Klinik an der Aexandrinenstraße behandelt wird.
Hier kommt der zerbrechliche „Eisenmann“ auf die Idee, ein Buch zu verfassen. Als Pressewart eines Bochumer Schwimmvereins kennt er er sich mit dem Schreiben aus. „Klar, dass ich damit auch ein Stück Selbsttherapie betreiben wollte.“ In der Klinik, daheim, in der Reha: Kapitel nach Kapitel dokumentiert Kraft die letzten drei Jahre. Authentisch, fesselnd und offen schildert er, „Wieso ein erfolgreicher Familienvater, Sportler und Banker plötzlich an Selbstmord dachte“ (so lautet der Untertitel).
Der Sportwelt-Verlag griff zu. In einer Startauflage von 1500 Exemplaren ist die bewegende Geschichte jetzt erschienen. Inklusive Happy End. Patrick N. Kraft hat die Krankheit überstanden. Familie, Beruf: alles gut. Er treibt auch wieder Sport: „In gesunden Maßen.“
Patrick N. Kraft: „Mein Weg aus der Depression“, 154 Seiten, Sportwelt-Verlag, 8,95 Euro
Was der Facharzt Prof. Dr. Juckel rät
Eine beginnende Depression äußert sich bei den meisten Patienten zunächst mit Schlafstörungen. Das heißt: Man schläft ein, wacht jedoch nach kurzer Zeit wieder auf, beginnt zu grübeln. Wir nennen das Früherwachen mit Morgentief.
Antrieb und Motivation lassen nach, die Betroffenen fühlen sich ausgepumpt, energielos. Die Stimmung ist niedergedrückt, verzweifelt und hoffnungslos. Später sind gar keine Gefühle mehr da; der Patient fühlt sich wie „tot“.
Ein weiteres Warnsignal insbesondere am Anfang sind beginnende Konzentrationsstörungen. Viele Patienten berichten, dass sie sich auf der Arbeit, aber auch privat nicht mehr konzentrieren können, dass die geistigen Kräfte stark nachgelassen hätten. Darüber hinaus gibt es Appetitverlust mit Gewichtsabnahme sowie sexuelle Unlust und Funktionsstörungen.
Ausführliche Informationen hält die Webseite des Bochumer Bündnis gegen Depression (www.bochumer-buendnis-depression.de) bereit. Das Service-Telefon des Bündnisses ist donnerstags von 11 bis 12.30 Uhr unter der Rufnummer 0234/92 783 25 geschaltet.
Wenn Sie glauben, solche Symptome zu haben, scheuen Sie sich nicht, frühzeitig zum Hausarzt zu gehen bzw. zu einem niedergelassenen Facharzt für Psychiatrie.