Bochum. Als Schriftsteller ist er seit vielen Jahren eine feste Größe. Bei seinem Auftritt beim Zeltfestival Ruhr überzeugte Frank Goosen auch im komödiantischen Fach.
„Die Storys“, lässt er Toto im neuen Roman „Sommerfest“ skandieren, „die liegen praktisch auf der Straße, die musst du nur aufheben!“ Frank Goosen kommt „vonne Alleestraße wech“; dort, wo früher „der Bücherbus mit verdunkelten Scheiben durchgerast ist“. Später hat er sich oft gebückt, ist heute ein Meister der Hebe-Figuren: nicht nur als Schriftsteller, sondern zunehmend auch im Comedy-Fach.
Großes Sparkassenzelt, 2500 Besucher, Wochen vorher ausverkauft: Unter den Spaßmachern, die das Zeltfestival Ruhr schmücken, ist Goosen der Größte; auf Augenhöhe allenfalls mit Bülent Ceylan, den er mit seinem Sprach- und Mutterwitz weit hinter sich lässt. Die Hitze im Zelt ist unerträglich. Goosens trockener Humor entschädigt für jede Schweißattacke.
Seit 20 Jahren steht der bekennende Bochumer („Woanders is auch Scheiße“) auf der Bühne. Mit seinem Spezi Jochen Malmsheimer bat er damals, 1992, erstmals zum Tresenlesen. Das Phänomen Goosen brauchte Zeit, um zu reifen. Als (welch furchtbarer Begriff) Revier-Autor, der seinem geliebten Pott literarisch auf die Pelle rückt, stellte sich schnell der Erfolg ein. „Liegen lernen“, „Weil Samstag ist“, „Radio Heimat“: Treffliche, schreiend komische, abgrundtief traurige Milieubeschreibungen mit hohem Wiedererkennungswert. Im Bochumer Popularitätsranking nähert sich Goosen sukzessive der Grönemeyer-Spitze. Deutschlandweit findet er zunehmend Käufer und Besucher. Neulich war er mal wieder im Fernsehen. Bei „Lanz“.
Omma mit Rouladen und Anni mit Häkelpulli
Mit dem Jubiläumsprogramm „Goosen 2012“, so scheint es, sprengt der 46-Jährige endgültig die Literatenrolle. Klar, die Dönekes und Zoten passen weiterhin zwischen zwei Buchdeckel. Warum gibt’s Fiege nur in Bochum? Weil es für den Rest der Welt zu schade ist. Oder: „Bei mir begann der Haarausfall mit 12 – zwei Stunden, nachdem ich zum ersten Mal an mir rumgefummelt habe.“
Doch mehr und mehr entwickelt sich Goosen vom Erzähler zum Komödianten, zum – Neudeutsch – Stand-up-Comedian. Mit solidem mimischen und schauspielerischem Können lässt er seine Helden des Alltags lebendig werden, übt sich gar als Parodist. Seine geliebte Omma mit die tofften Rouladen, Tante Anni mit dem V-Ausschnitt-Häkelpullover, die beiden Thronfolger (mit im Publikum), die Mitsofakissenamfenstergucker, die EinmalVfLimmerVfL-Verrückten: Ihnen allen gibt Goosen nicht nur Stimme, sondern Statur. „Als wennze die Typen vor dir siehst“, schwärmt eine Dame in Reihe 13.
Abheben wird dieser Allerweltstypganz sicher nie
Nein, Goosen hebt nicht ab. Bodenständiger als dieser vermeintliche (und wirkliche?) Allerweltstyp kann ein mehrfach ausgezeichneter Künstler kaum sein. Seine Familie, seine Stadt, sein VfL sind ihm alles – auch wenn die Blau-Weißen in Liga 2 zu Zeiten kicken, zu denen „in Gelsenkirchen gerade das erste Bier gefrühstückt wird“, und mit Gegnern wie Paderborn gestraft sind, „die sich noch gegenseitig gegessen haben, als beim VfL schon Fußball gespielt wurde“.
Nein, Goosen hat auch keine Ambitionen, in die Lachnummer-Liga der Schröders, Nuhrs oder – Gott bewahre – Barths aufzusteigen. Doch wundere sich niemand, wenn es uns Frank eines nicht fernen Tages dem Berliner Mario oder dem Bochumer Herbert gleichtut und ein Stadion füllt.
Welches, bedarf wohl keiner Erwähnung.