Bochum. . Die Schläger, die ein Polizistenehepaar aus Bochum brutal niedergeschlagen haben, sind weiter auf der Flucht. Der Polizeioberkommissar (50) muss um sein Augenlicht fürchten und erlitt Knochenbrüche. Die Polizeikollegen sind entsetzt.

Die Situation schien brenzlich, aber nicht lebensgefährlich - doch dann schlug sie blitzartig in einen Gewaltexzess um. Ein Polizistenehepaar aus Bochum wurde am vergangenen Samstag von unbekannten Schlägern derart schwer angegriffen, dass der Ehemann (50) mehrere Knochenbrüche erlitt. „Das gesamte Gesicht wurde zertrümmert“, sagte eine Polizeisprecherin. „Möglicherweise verliert er sein Augenlicht.“

Das Polizistenpaar ging gegen 18.30 Uhr privat über die „Gerther Landwehr“ im Bochumer Nordosten. Dort in der Nähe wohnen die beiden. An einem Einfamilienhaus sahen sie drei junge Männer, die sich im Garten und auf dem Dach der Garage herumtrieben. Das Ehepaar war gedanklich sofort wieder im Dienst. Zumal es wusste: In diesem Haus wurde schon zweimal eingebrochen. 2009 hatten Einbrecher dort die Terrassentür aufgehebelt und Schmuck erbeutet. Ein weiterer Bruch blieb im Versuch stecken. Der Oberkommissar erklärte den Verdächtigen, dass er Polizist sei. Sie sollten von dem Grundstück verschwinden. Diese Worte waren für die Täter das Signal für einen furchtbaren Gewaltausbruch.

„Im Moment haben wir keinen konkreten Tatverdacht“

Nach Polizeiangaben gingen mindestens zwei der Männer auf den Beamten los und schlugen und traten auf ihn. Mehrfach stürzte der Polizist zu Boden. Obwohl er dort wehrlos war, traten und prügelten sie weiter auf ihn ein, vor allem gegen den Kopf.

Seine Ehefrau (43), die sich ebenfalls als Polizeikommissarin auswies, wollte dazwischengehen. Doch die Schläger brachten auch sie zu Boden. Erst als weitere Nachbarn auf die Bluttat aufmerksam wurden, ließen die Täter von ihren Opfern ab und suchten das Weite. Seitdem fehlt von ihnen jede Spur. Die Polizei fahndet jetzt mit Phantombildern nach ihnen.

Noch am Morgen hatte es eine konkrete Spur gegeben. Ein Bürger, der die Bilder in den Medien gesehen hatte, gab einen vielversprechenden Hinweis. Doch der Verdächtigte, ein junger Bochumer, nannte ein Alibi. Das wird jetzt überprüft.

„Diese Gewalt ist sehr massiv“

Das verletzte Polizistenpaar arbeitet seit vielen Jahren bei der Polizei. Aktuell sind die beiden bei der Schutzpolizei in Wuppertal im Einsatz. Ob der Oberkommissar sein Augenlicht behält, hänge jetzt auch „von der ärztlichen Kunst“ ab, wie Pütter sagte.

Viele Jahre lang hatte der Kriminalhauptkommissar Mörder und Totschläger in Bochum gejagt. Daher neigt er nicht zu Übertreibungen. Trotzdem sagt er: „Diese Gewalt ist sehr massiv. Wenn man bedenkt, dass jemand schon auf dem Boden liegt und dann noch weiter auf den Kopf eingetreten wird, dann ist das eine besonders kriminelle Energie, die die Täter gezeigt haben.“ Was viele Schläger nicht bedenken oder nicht bedenken wollen: Tritte gegen den Kopf sind immer lebensgefährlich. Das Überleben ist quasi reine Zufallssache.

Auch Holger Richter, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Bochum, ist entsetzt über diese rohe Gewalt gegen seine Kollegen. Der WAZ sagte er am Donnerstag: „Dass das so einen Verlauf nimmt, war nicht vorauszusehen. Früher sind die Täter in der Regel vor der Polizei weggelaufen, heute treten sie ihr in übelster Form entgegen. Aber Polizeibeamte geraten berufsbedingt in gefährliche Situationen.“

„Polizisten sind irgendwie immer im Dienst“

Dass das Ehepaar den Tätern gegenübergetreten sei, so Richter, sei sicherlich aus Berufung geschehen. „Denn Polizisten sind irgendwie immer im Dienst.“ Es sei „eine moralische Verpflichtung“, dass sie sich für die Sicherheit und Ordnung auch außerhalb der Dienstzeit verantwortlich fühlten.

In ganz NRW sind im vergangenen Jahr 1874 Polizeibeamte durch Gewaltattacken verletzt worden, teilt die GdP mit. Im Polizeibezirk Bochum, sagt Richter, sei die Anzahl zuletzt zwar leicht rückläufig. Allerdings seien die einzelnen Attacken auf Polizisten insgesamt brutaler geworden, „wie dieser letzte Fall eindrucksvoll belegt“.

Zu Zivilcourage fordert Richter die Bürger auch weiterhin auf. Man müsse „besonnen“ eingreifen, oft helfe auch das bloße Wählen der 110 - „und wichtige Informationen an die Polizei weiterzuleiten“.

Kripo bittet um Hinweise

Täterbeschreibung der Polizei: Zwei der Täter sollen zwischen 16 und 20 Jahre alt, mollig und Deutsche sein. Einer trug ein blaues T-Shirt und hat helle, hochgegelte Haare. Der zweite war mit einem türkisfarbenen T-Shirt bekleidet und hat helle kurze Haare. Der dritte ist rund 30 Jahre alt (Foto rechts). Er ist sehr schlank, ca. 1,80 Meter groß, trug einen Mittelscheitel und sprach mit osteuropäischem Akzent.

Die Kripo bittet um Hinweise: Tel. 0234/909-4111 (-4441 außerhalb der Geschäftszeiten).