Bochum. .
„Das ist unser Platz!“ skandierte die Band Moop Mama vor der Jahrhunderthalle. Recht hatten sie, denn dieser Platz war schon lange nicht mehr so mit Leben gefüllt. Am Samstag und Sonntag wurde im Westpark „Ruhr International“ gefeiert - als Nachfolger von „Kemnade International“, das seit 1974 an der Wasserburg stattgefunden hatte.
Schon auf der Bessemerstraße ist mehr los als sonst. Viele Fahrradfahrer mit Ziel Jahrhunderthalle sind unterwegs. An der Kreuzung Alleestraße kaufen sich junge Leute noch schnell ein Eis für das letzte Stück durch den Westpark. Eine andere Gruppe lädt auf dem Parkplatz Picknickkörbe, Getränkekisten und Decken aus. Himmlisches Wetter, tolle Musik, viele nette Menschen - und dann noch umsonst: besser lässt sich ein Pfingstwochenende kaum verbringen.
Auf dem Spielplatz oberhalb der Jahrhunderthalle ist lustiges Kreischen zu hören. Dazwischen tummeln sich Spaziergänger, Jogger, Inline-Skater, Festivalbesucher. Der Park lebt. Der grüne Hang mit Blick auf die Halle war zur großen Picknickfläche geworden. Familien aus Stahlhausen trafen sich hier mit Blick auf das Festivalgelände. Vor der Jahrhunderthalle war eine Budengasse aufgebaut, die auf eine Bühne an der Südseite der Halle zulief.
"Kemnade war idyllischer"
Hier gab’s zu essen und viele Informationen, die sich um das Miteinander der Kulturen drehten. Die Initiative IFAK e.V. - Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe – Migrationsarbeit hat seit 1974 Kemnade International mitgestaltet. Kemal Bozay, Geschäftsführer der IFAK, war sehr zufrieden mit dem neuen Standort. Viel mehr Menschen würden hier erreicht; und doch: „Kemnade war idyllischer.“ So wie Bozay ging es manchen Besuchern, die etwas wehmütig zurückblickten.
Aber wie gut ist das Fest an diesem neuen Ort aufgehoben, in Stahlhausen, wo so viele Menschen mit Migrationsgeschichte leben! Und der Neuanfang macht das Festival auch offener für neue Initiativen. So sind erstmals die „Kosmopolen“ mit dabei. Eine Initiative, die sich für den deutsch-polnischen Kulturaustausch stark macht und anspruchsvolle Lesungen, Ausstellungen und Konzerte präsentiert. Kulturinitiativen von Menschen aus Georgien, Marokko, der Türkei, Griechenland oder Ghana präsentierten sich an diesem Wochenende.
HipHop mit Blasinstrumenten
„Ruhr International“ wird veranstaltet vom Bahnhof Langendreer, dem Kulturbüro der Stadt, der Bochumer Veranstaltungs GmbH und der Jahrhunderthalle Bochum. Dabei wird das kulturelle Programm federführend vom Bahnhof Langendreer und den traditionell mit „Kemnade International“ verbundenen Initiativen gestaltet. Weniger folkloristisch als noch auf der Wasserburg wirkt das Spektakel hier an der Jahrhunderthalle. Ganz wunderbar wird in der Musik hörbar, was „interkulturell“ bedeuten könnte. Einflüsse aus aller Welt werden zu eigenständiger Musik verschmolzen.
Höhepunkte waren sicherlich Yemen Blues am Samstag sowie Moop Mama oder Nidi d’Arac am Sonntag. Das Bühnenprogramm wechselte zwischen der Freiluft- und der Hallenbühne. Im nördlichen Teil der Halle, eingefasst vom alten Industrieambiente, war die Indoor-Bühne untergebracht. die Funkhaus Europa Party im oberen Foyer der Halle sorgte fürs urbane i-Tüpfelchen.
Schlusspunkt war das Konzert mit Khaled am Sonntagabend in der Jahrhunderthalle. Der algerische Weltmusik-Star begeisterte seine Fans. Allein: Dieses Konzert war sicherlich ein festlicher Ausklang, konnte aber das eigentliche Festival auf keinen Fall überflügeln. Denn da war so viel soziales und kulturelles Leben und Erleben: Das war unser Platz!