Bochum.

Drei junge Frauen sind auf dem Weg, die Wahlämter in bundesdeutschen Rathäusern mit frischem Wind durchzupusten. Mit ihrer Projektarbeit „Das Sonntagsopfer für die Demokratie“ haben sie einen Ratgeber darüber geschrieben, wie es Kommunen gelingen kann, Bürger als Wahlhelfer zu gewinnen.

Während ihres Studiums an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung nahmen die Bochumerinnen Elena Garcia Santos (26), Julia Richter (29) und Annika Springer (26) sich des Problems an, dass Städte arge Probleme haben, Wahlhelfer zu finden. „Wir haben schnell festgestellt, dass bislang niemand erforscht hat, warum Leute sich sträuben, an Wahltagen zu helfen“, sagt Annika Springer, die heute im Standesamt arbeitet.

Werbeflyer neben der Lohnsteuerkarte

Der Leitfaden des Bochumer Trios fand bald großes Echo. Darin vergleichen die Frauen Erfahrungen anderer Städte aus Deutschland, dem europäischen Ausland; auch eine Kommune aus Australien hatte geantwortet. „Es gibt Städte z.B. in Schweden, die locken Wahlhelfer mit viel Geld, zahlen bis zu 250 Euro pro Nase. Das können sich unsere Kommunen natürlich nicht leisten“, erklärt Elena Garcia, inzwischen im Personalamt tätig.

Stattdessen bestachen Kiel und Braunschweig mit durchschlagenden Konzepten. „Braunschweig setzt schon seit Jahren allein auf Freiwilligkeit. Die Bürger werden mit Freundlichkeit ermuntert, Wahlhelfer zu werden. Werbeflyer liegen etwa der Lohnsteuerkarte bei“, berichtet Springer. „Kiel wiederum rekrutiert jedes Mal seinen große Stammwahlhelferkreis. Beide Städte haben keine Mühe, genügend Freiwillige zu finden“, sagt Julia Richter (Rechtsamt).

"Das zeigt den Menschen eine Wertschätzung"

Zudem befragten die Diplom-Verwaltungswirtinnen 400 Bochumer; 200 Beschäftigte aus dem Rathaus und ebenso viele Bürger. Ein Ergebnis: „Viele Leute wissen gar nicht, dass sie bei Wahlen helfen können, sondern glauben, dass allein städtische Bedienstete dies tun“, so Elena Garcia Santos. Und: Wer sich gezwungen fühlt, lehnt von vornherein ab.

Das Bochumer Wahlamt war das erste, dass den Vorschlägen des Trios folgte und führte eine Reihe von Verbesserungen ein. So werden Stammhelfer mit netten Anschreiben wieder zum Mitmachen ermuntert – ehedem schickte die Stadt Berufungsschreiben in forderndem Ton heraus. Sie bekommen Weihnachtsgrüße: „Das zeigt den Menschen eine Wertschätzung.“ Mit den Wahlunterlagen werden Süßigkeiten verschickt. „Es sind Kleinigkeiten, aber die Leute empfinden das als Aufmerksamkeit. Wir haben viele Dankesanrufe bekommen“, beschreibt Annika Springer. Zudem spricht die Stadt Studenten und Schüler gezielt an und erspart den Bürgern Extra-Wege: Das Wählerverzeichnis wird dem Wahlvorsteher tags zuvor ins Haus gebracht.

Schritte zeigen bereits ersten Erfolg

Natürlich haben die Frauen nicht erwartet, dass gleich alle ihre Ideen umgesetzt werden. „Einige wären zu aufwändig oder zu teuer.“ So etwa der Vorschlag, mit einer „Gold-Card“ langjährigen Wahlhelfern dauerhaft Vergünstigungen im Einzelhandel zu verschaffen. Oder die Freikarte mit kostenloser Nutzung städtischer Einrichtungen.

Aber die ersten kleinen Schritte zeigen bereits durchschlagenden Erfolg: „Wohl noch nie hatten wir gleich zu Beginn fast die Hälfte aller Wahlhelfer für die Landtagswahl am 13. Mai parat.“ Übrigens: Alle drei sind selbst Wahlhelfer – seit Jahren.