Bochum. .

Alles schläft, nur einer arbeitet: Zeitungsausträger Stephan Heubner. Seit 13 Jahren sorgt der 62-Jährige dafür, dass die Leute beim Frühstück etwas Gutes zum Lesen haben, sein größter Feind: „Wasser von oben“.

Es ist kurz nach 2 Uhr morgens – eine Zeit, in der die Straßen still und einsam sind, in der die Polizei anhält und einen nach dem Ausweis fragt, wenn man allein auf der Straße steht. „Es ist schon ein einsamer Job“, räumt Heubner ein. Bis die Zeitungen zum Treffpunkt am Uni-Center geliefert werden hat er allerdings Gesellschaft: Die Kollegen aus den anderen Revieren. Heubner selbst beliefert die Heintzmann-, die Schinkelstraße und den Kalwes. „Wenn ich mich beeile, schaffe ich das in einer Stunde“, meint er.

"Regen ist ätzend"

Endlich kommt der Lieferwagen mit den Zeitungspaketen. Die Austräger stürzen sich auf die schweren Papierstapel und wuchten sie in ihre Autos. „Ich teile alles aus“, erklärt Heubner etwas außer Atem, „von der FAZ über die Ruhrnachrichten bis zur WAZ“. Wenn er krank wird, muss einer der anderen rund 300 Boten aus Bochum einspringen, damit überhaupt jemand in seinem Revier die Zeitung bekommt. Heubner sortiert die Zeitungen im Handwagen: „Damit ich blind hinein greifen kann“. Änderungen bei der Lieferung sind auf den einzelnen Stapeln vermerkt. „Man braucht schon ein paar Tage, um sich in ein Revier einzuarbeiten“, sagt Heubner.

Dann läuft er schnellen Schrittes los, den Karren an der Hand. „Ich hab ein Revier mir vielen Treppen“, meint er, „die Fitness-Bude kann ich mir sparen“. Wenigstens regnet es heute nicht, „Regen ist ätzend“, sagt Heubner. „Die Treppen werden rutschig, die Zeitungen gehen kaputt und man wird nass“, fasst er zusammen. Wenn es trocken ist, hüpft Heubner die Stufen fast hinauf.

Nur tierische Lebenszeichen

Menschen begegnet man als Zeitungsausträger fast nie, „dafür wilden Tieren“. Rehe, Füchse, Katzen und Kaninchen. „Erst gestern hab ich auf dem Kalwes fast mit dem Auto ein Reh überfahren“, erzählt Heubner. Katzen dagegen liebt er: „Viele lassen sich von mir streicheln, eine ist mal in den Kofferraum gesprungen und wollte mitfahren“. Irgendwann sind in der Nacht alle Briefkästen mit den neusten Nachrichten auf Papier bestückt und Heubner kann sich ein Frühstück gönnen.

Am Nachmittag muss er dann allerdings schon wieder raus: Dann verteilt er die Nachlieferungen für Bochum und Wattenscheid, manchmal sogar Herne und Gelsenkirchen. Ein langer Arbeitstag. „Die Tagesschau gucke ich noch, dann gehe ich ins Bett“, gibt Heubner zu, „bei weniger Schlaf rebelliert der Körper irgendwann“. Bis Juli soll es noch so weiter gehen, dann will er die Zeitungen hinwerfen und endlich seinen Ruhestand genießen, „solange ich noch gesund bin“, sagt er und lacht.