Bochum.. Tag für Tag steuert Bogestra-Fahrer Michael Mutzenbach seinen riesigen Bus durch enge Straßen – und träumt bisweilen von einem Job am Nordkap
Bochum, ein trister Morgen. Die Menschen in der Innenstadt haben ihre Kapuzen tief ins Gesicht gezogen und schauen etwas griesgrämig. Nur Michael Mutzenbach hat sichtlich gute Laune: „Guten Morgen“, strahlt er. „Schauen Sie, da kommt mein Bus.“ Und in der Tat: An der Massenbergstraße kommt der Wagen 0970 der Linie 368 angerollt, 18 Meter lang, 18 Tonnen schwer. Für die nächste Stunde wird dieser rollende Riese mit Dieselantrieb Michael Mutzenbachs Arbeitsplatz sein.
Mit Schwung zieht er seine Dienstkarte aus der Tasche, grüßt seinen Kollegen, der ihm den Bus per Handschlag überlässt, legt die Jacke ab und steigt hinters Steuer. „Alles klar“, sagt er. „Los geht’s.“
Michael Mutzenbach ist einer von etwa 730 Busfahrern bei der Bogestra, und er erledigt seinen Job mit der nötigen Konzentration, mit Routine, aber wohl auch mit einem gewissen Spaß. Heute Morgen führt ihn seine erste Fahrt vom Hauptbahnhof bis nach Wanne-Eickel und zurück – eine ziemlich komplizierte Route, die um jede Menge Straßenecken über Hordel und Herne bis ans Ziel führt.
Während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen
Der Bus ist nur mäßig besucht, der Verkehr hält sich in Grenzen, also hat der 54-Jährige etwas Zeit für eine Plauderei. Allerdings: Über ihm klebt ein Schild, das jeder kennt, der jemals in einem Bus saß. „Während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen“, steht da. Gilt das etwa nicht für ihn? „Doch“, sagt Mutzenbach. „Es gibt halt Fahrgäste, die sind einsam und verbringen ihre Tage damit, bei mir vorn im Bus zu sitzen.“ Vor solchen doch arg lästigen Gesprächen soll das Schild schützen, „aber mit den meisten Fahrgästen komme ich bestens klar.“
Michael Mutzenbach hat im zweiten Bildungsweg sein Abitur gemacht. Von einem Job als Busfahrer träumt er schon ewig: „Früher bin ich Reisebus gefahren“, erzählt er. „Bis nach Lloret de Mar.“ Heute ist er froh, solche Endlos-Touren hinter sich gelassen zu haben und auf einen festen Dienstplan vertrauen zu können. „Das findet auch meine Frau.“
Der Bus biegt geschmeidig in die Untere Heidestraße ein. Ein älteres Ehepaar steigt zu. Ihr Ziel: Schloss Strünkede. Mutzenbach gibt Tipps, wie sie am schlauesten dort hinkommen und wo sie umsteigen müssen. Die Herrschaften nicken dankend.
Kleiner Computer an Bord
Früher musste ein Busfahrer für solche Auskünfte dicke Fahrpläne wälzen. „Heute ist das alles einfacher.“ Denn auch bei der Bogestra hat der Vorsprung durch Technik Einzug gehalten. Ein kleiner Computer auf dem Armaturenbrett gibt dem Busfahrer nützliche Auskünfte: über die Fahrpläne, über den nächsten entgegen kommenden Bus (die Kollegen grüßen sich grundsätzlich), über Radarfallen (einmal ist Mutzenbach trotzdem geblitzt worden) – und über die Verspätung. „2,5 Minuten liegen wir jetzt zurück“, sagt er und zeigt aufs Display. „Das holen wir wieder rein.“
Mit 1,5 Minuten Verspätung erreichen wir den Bahnhof von Wanne-Eickel. Mutzenbach stellt kurz den Motor aus, doch viel Zeit fürs Durchschnaufen bleibt ihm nicht. Denn von den fünf Minuten Puffer wird die Verspätung natürlich direkt abgezogen.
Auf nach Chile!
Mutzenbach füllt das Fahrtenbuch aus und erzählt von seiner Lieblings-Fernsehsendung. „Abenteuer Linienbus“ heißt sie. „Lief mal bei Arte.“ In der Sendung wurden Busfahrer an exotischen Orten der Welt gezeigt. Am Nordkap! In Nepal! In Chile! „Das ist landschaftlich schon sensationell bei denen“, findet er. „Aber eine Fahrt durch die Kappskolonie ist auch ganz schön.“
Wir fahren zurück. Der Bus füllt sich mit Kindergartenkindern und älteren Menschen. Ruhig steuert Mutzenbach den Riesen durch Baustellen oder enge Straßen mit blöd geparkten Autos. „Man muss immer ruhig bleiben“, meint er. „Durch Fluchen wird das Problem nicht gelöst.“ Die nötige Ruhe für seinen bisweilen stressigen Job holt sich Mutzenbach beim Sport: Vor jedem Dienst reißt er zehn Kilometer auf dem Laufband ab.
Zurück in Bochum, wir halten vor dem Hauptbahnhof. Mutzenbachs macht sich bereit für seine nächste Tour: mit dem CE 31 nach Hattingen, die ersten Fahrgäste warten schon. Na dann, gute Fahrt!