Bochum. . Auch am Tag nach dem turbulenten Info-Abend der Piratenpartei über ihr Ansinnen, eine Bürgerentscheid pro und kontra Musikzentrum auf den Weg bringen zu wollen, geht die Debatte munter weiter.
Auch am Tag nach dem turbulenten Info-Abend der Piratenpartei über ihr Ansinnen, eine Bürgerentscheid pro und kontra Musikzentrum auf den Weg bringen zu wollen, geht die Debatte munter weiter.
Denn die Entscheidung ja/nein wurde noch nicht gefasst. Sie soll aber auch nicht aufgeschoben, sondern bereits in den nächsten Tagen Piraten-intern getroffen werden, hieß es am Dienstag. Generalmusikdirektor Steven Sloane und Britta Freis, Geschäftsführerin der Stiftung Bochumer Symphonie, wollen schon deshalb das weitere Gespräch mit der jungen Partei, die sich erst vor einem halben Jahr in Bochum konstituierte, suchen.
Termin im Rathaus
Zunächst soll es aber einen Termin zwischen Vertretern der Piratenpartei und der BoSy im Rathaus geben, um gemeinsam das umstrittene Finanzkonstrukt zum Bau und zum Betrieb des Musikzentrums zu besprechen. Thomas Sichelt, persönlicher Referent des Kulturdezernenten, versprach, alle Zahlen offen zu legen, zu der auch die für viele immer noch undurchsichtige Kalkulation für die Übernahme der Jahrhunderthalle durch die Stadt Bochum gehört.
Im Gegenzug sicherte „Piratin“ Monika Pieper den Symphonikern zu, im Falle eines Bürgerbegehrens auch deren Argument mit zu verteilen. „Machen Sie ein Flugblatt fertig, und ich stehe persönlich dafür gerade, dass wir es an unserem Stand verteilen“, sagte sie. Auch räumte sie ein, dass das komplexe und emotional aufgeladene Thema nicht mit einer verkürzten, simplen Fragestellung à la „Musikzentrum – ja oder nein?“ in die Bürgerbefragung gehen dürfte. „Auch die Piraten sind nicht gegen das Musikhaus, aber die Bürger sollen angesichts des defizitären Stadt-Etats gefragt werden“, meinte sie.
Kein Populismus
Den Vorwurf, damit populistisch bzw. bloß partei- und wahlwerbend zu sein, wies Pieper von sich. „Seit Jahrzehnten kämpfen die Bochumer Bürger für dieses Haus, mit Idealismus und mit Beharrlichkeit. Das Musikhaus ist immer schon ein Bürgerschafts-Projekt gewesen“, betonte Geschäftsführerin Freis. „Pirat“ Volker Steuder gestand das zu, ließ aber nicht locker, was die Finanzlage der Kommune angeht: „Bochum ist pleite, und es waren die etablierten Parteien, die uns in diese Lage manövriert haben“. Es sei nun an der Zeit, die Bürger bestimmen zu lassen, „was in und für Bochum noch gewollt ist und was nicht“.
Auch die Oberbürgermeisterin hat sich zwischenzeitlich zum kontroversen Thema geäußert. „Das Musikzentrum ist weit mehr als eine reine Bauaufgabe. Es hat an dieser Stelle eine große kulturelle sowie städtebauliche Bedeutung und wird das Lebensgefühl in der Stadt ebenso positiv beeinflussen, wie die anderen kulturellen Highlights Bochums“, betont Ottilie Scholz. Ausdrücklich lobte sie das bislang geleistete bürgerschaftliche Engagement. „Rund 25 000 Einzelspenden zeigen, wie sehr sich die Menschen für das Musikzentrum engagieren und das Konzept in der Bürgerschaft verankert ist.“ Scholz appelliert an alle Beteiligten, weiter „mit Volldampf“ an der Realisierung des Musikzentrums zu arbeiten.
Das sagt die Stiftung Bochumer Symphonie:
Die Stiftung verweist darauf, dass, sollte das Zentrum nicht gebaut werden, die Stadt lediglich einmalig den Eigenanteil von 2,4 Mio Euro für das Musikzentrum und 2,17 Mio Euro für die Jahrhunderthalle und jährlich 300 000 Euro zusätzliche Betriebskosten für das Musikzentrum sowie 400 000 Euro für die Jahrhunderthalle sparen. Damit wären in zehn Jahren 7 Millionen Betriebskosten gespart, aber mindestens 40 Millionen gingen verloren, darunter 16,53 Mio Förderung für das Musikzentrum durch Land und EU, 14,3 Mio private Spenden (inkl. 2 Mio Sparkasse/Stadtwerke) für das Musikzentrum, 9,45 Mio Investitionskosten des Landes für die Jahrhunderthalle.
An zusätzlichen Unterhaltungskosten werden 300 000 Euro erwartet, aber für das gesamte Haus; also mit der Nutzung durch Musikschule, freie Gruppen, Chöre, Schüler usw. Betont wird, dass kein Konzerthaus, kein elitärer Tempel für die Hochkultur, sondern eine Bildungs- und Begegnungsstätte für alle Bochumer Bürger und eine adäquate Spiel- und Probenstätte für die Bochumer Symphoniker und die Musikschule angestrebt ist.
Das sagt die Piratenpartei:
Prinzipiell halten auch die Piraten das Musikhaus für eine gute Idee, aber sie befürchten, dass dessen Unterhalt die Stadt 3 bis 5 Millionen Euro pro Jahr kosten dürfte, da sie sich als Gegenleistung zur Erlangung der Fördermittel verpflichtet habe, Betriebs und Unterhalt der Jahrhunderthalle zu übernehmen. Geld, das die Stadt nicht hat, Bochum sei de facto pleite, der Schuldenstand liege aktuell bei 1,39 Milliarden Euro.
„Durch beispielhaften Bürgersinn und Engagement wurde die beeindruckende Summe von 11,3 Mio Euro für das Zentrum gesammelt wurden. Die Aufwertung der Viktoria-straße durch eine markante Architektur in Verbindung mit der Marienkirche ist ebenso zu begrüßen wie eine Verbesserung der Proben- und Aufführungsbedingungen für die Symphoniker“, heißt es auf der Website der Partei. Die Bochumer Piraten haben allerdings Zweifel, ob es der Wille einer Mehrheit der Bürger ist, dass das Musikzentrum gebaut und die daraus folgenden jährlichen Kosten unter den aktuellen finanziellen Bedingungen von der Stadt übernommen werden sollen.