Bochum. . Auch in Bochum zieht der Streik der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst weite Kreise: Der Nahverkehr ruht, das Rathaus ist verlassen und tausende Menschen machen ihrem Ärger mit Pfeifkonzerten Luft. Und selbst bitterböse Chuck-Norris-Witze spielten eine Rolle beim Verdi-Großevent.

Das rot-weiße Absperr-Flatterband am geschlossenen U-Bahnhof Rathaus sagte am Mittwoch beinahe soviel aus, wie das Pfeifkonzert von rund 5000 streikenden Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes: Nichts ging mehr in Bochum an diesem Tag, selbst wenn die Polizei die Beteiligung an der Kundgebung vor dem Rathaus mir rund 3500 Menschen deutlich geringer einschätzte. Wie viel Menschen es auch immer gewesen sein mögen, Verdi-Geschäftsführerin Gudrun Müller freute sich: „Wir Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind es wert, anständig bezahlt zu werden. Wir lassen und nicht länger entkoppeln.“

Geschickt inszenierte die Gewerkschaft das Großereignis beinahe als Event, denn die Streikenden wurden zum Teil mit Bussen herangebracht. In mehreren Marschsäulen strömten die Menschen vor das Rathaus. In rot-weißen Verdi-Leibchen oder der kaum in der Öffentlichkeit bekannten Gewerkschaft der Sozialversicherung stellten sich die Streikenden schnell zu Gruppen zusammen und diskutierten über die Forderungen.

Das Ehepaar Thomas und Anja Doehring arbeitet bei verschiedenen öffentlichen Arbeitgebern und war sich doch einig, an diesem Tag die Arbeit nieder zu legen. Thomas Doehring ist bei der Knappschaft Bahn See beschäftigt: „Wir haben doch lange genug gespart beim öffentlichen Dienst.“ Seine Frau ist Sachbearbeiterin bei der Sparkasse: „Wir wollen einfach mehr Geld.“ Warum, sagte oben auf der Bühne eine Kollegin: „Bei den Privatbanken werden andere Gehälter gezahlt. Es gibt massive Abwerbeversuche von gut ausgebildeten Sparkassenmitarbeitern.“

Stakkato der Trillerpfeifen

Jeweils quittiert vom Stakkato der Trillerpfeifen zählte Gudrun Müller die Firmen und Einrichtungen in Bochum auf, die der Streik zumindest für diesen Tag beinahe komplett lahm gelegt hatte: USB, Stadtwerke, Stadtverwaltung etwa mit Bädern und Sportstätten, AkaFö, Knappschaftskrankenhaus, Bogestra und etliche kleinere öffentliche Einrichtung.

Die Sparkasse verkündete dagegen schon am Mittag: „Alle 45 Geschäftsstellen sind trotz Streik geöffnet“. Trotz des Warnstreiks seien alle 45 Geschäftsstellen bis 16 Uhr geöffnet. Personelle Engpässe durch streikende Kolleginnen und Kollegen in den Geschäftsstellen hätten kurzfristig ausgeglichen werden können.

Auf dem Rathausplatz zeigte vor allem die große Beteiligung von Jugendlichen der Gewerkschaft, dass die Forderungen auch an der Basis angekommen sind. Pascal Schabe und Kevin Zachratzka sind beide Auszubildende zu Krankenpflegern am Knappschaftskrankenhaus. Beiden geht es nicht nur um mehr Geld: „Es müsste genug Personal da sein, damit besser ausbildet werden kann“, erläutert Kevin Zachratzka den Hintergrund. Oben auf der Bühne scheute sich Karina Lange, Auszubildende bei der Stadtverwaltung, nicht, einmal ordentlich auf den Putz zu hauen: „Dass wir die Leute nicht übernehmen, das ist doch ein absoluter Witz.“

Nur Chuck Norris übernimmt sich selbst unbefristet

Gar nicht witzig gemeint waren die grünen T-Shirts und Transparente mit dem Konterfei des Schauspielers Chuck Norris. Werbespruch: „Nur Chuck Norris übernimmt sich selbst unbefristet und in Vollzeit – Du brauchst dafür einen Tarifvertrag.“ Geschickt nutzt Verdi den Kult-Status, den der Schauspieler („Die Todeskralle schlägt wieder zu“) mittlerweile bei den Jugendlichen genießt, aus .

Für die nächsten Verhandlungen mit den Arbeitgebern erwartet Reinhard Dudzik (AkaFö), der in der bundesweiten Verhandlungskommission sitzt, wenig: „Da muss der Arbeitgeber deutlich auf uns zugehen, sonst gibt es keinen Abschluss.“

Nach einer Stunde lautstarken Protestes zog der bereits merklich ausgedünnte Tross weiter in Richtung Jahrhunderthalle. Unten auf dem Parkplatz hatte die Gewerkschaft große Zelte aufgebaut – für die Auszahlung des Streikgeldes.