Bochum. Der Polizeieinsatz in den Übergangsheimen in Höntrop beschäftigt Politik und Verwaltung. Das Vorgehen des SEK wird als brachial und unangemessen kritisiert. Die Polizei weist die Vorwürfe zurück.
Wie berichtet, war es am frühen Sonntagmorgen auf der Hochstraße zu einer Schießerei mit zwei Schwerverletzten gekommen. Das Tatfahrzeug, ein Daimler Benz, wurde wenig später vor den Flüchtlingsheimen an der Emilstraße entdeckt. „Angeforderte Spezialeinheiten durchsuchten die Heime nach den Tatverdächtigen“, hieß es am Sonntag im Pressebericht der Polizei.
Durchsuchung? Dr. Heide Ott spricht von „Stürmung“. Kurz nach dem Großeinsatz war die Leiterin des Amtes für Soziales und Wohnen in die Höntroper Heime geeilt, wo derzeit 107 Personen (davon 50 Kinder) u.a. aus Syrien, Irak, Serbien und dem Kosovo leben. Sie erfuhr, dass angeblich alle erwachsenen männlichen Bewohner festgenommen, zur Vernehmung gebracht und erst im Laufe des Tages wieder freigelassen worden seien. Für drei Bewohner sei eine medizinische Versorgung organisiert worden. Die Kinder bedürften der Betreuung des Jugendamtes.
„Bestürzt“ reagiert Astrid Platzmann (Grüne) auf die Schilderungen von Dr. Ott. In einem offenen Brief wendet sich die Vorsitzende des Sozialausschusses an Polizeipräsidentin Diana Ewert. Zwar äußert sie Verständnis für die „Sicherheits- und Schutzmaßnahmen“. Gleichwohl müsse „die Privatsphäre und körperliche Unversehrtheit Unschuldiger“ gewahrt werden. Das Vorgehen des SEK in Wattenscheid erscheine „unverhältnismäßig. Wie sich das Stürmen der Wohnung auf durch Staatsgewalt traumatisierte Menschen und Kinder auswirkt, mag man sich kaum vorstellen“, so Platzmann.
Polizei verteidigt Taktik
Die Polizei verteidigt ihre Einsatztaktik. An dem Morgen sei höchste Gefahr im Verzug gewesen. „Bei den Gesuchten handelte es sich um Personen, die bereits rücksichtslos und gezielt von der Schusswaffe Gebrauch gemacht hatten“, betonte Kripo-Chef Andreas Dickel in einem Antwortschreiben an Astrid Platzmann. 13 Bewohner, auf die die Beschreibung des Hochstraßen-Schützen zutreffen könnte, seien „gefesselt und zur Suche nach Schmauchspuren an den Händen dem Polizeipräsidium zugeführt“ worden.
Schießerei auf der Hochstraße
Elf Männer wurden wieder entlassen. Übrig blieben die beiden Tatverdächtigen. Niemand sei verletzt worden. „Frauen und Kinder wurden weder gefesselt noch sonst Zwangsmaßnahmen unterzogen“, erklärt Dickel. „Unstreitig“ führe ein SEK-Einsatz „zu Erschrecken, Schock, ggf. auch einem Trauma. Allerdings würde eine solche Diskussion anders geführt, wenn es zu weiteren Schüssen oder einer Geiselnahme gekommen wäre“, bekräftigt Dickel das „konsequente und entschiedene Vorgehen“ der über 100 Beamten.
Bedingt erfolgreicher Einsatz
Wie berichtet, war der Großeinsatz an der Emilstraße nur bedingt erfolgreich. Zwar wurden zwei aus Serbien stammende Männer (ein 47-Jähriger und sein 17-jähriger Sohn) festgenommen. Sie gaben an, Verwandte im Übergangsheim zu besuchen. Aus Mangel an Beweisen wurden sie am Montag aber wieder freigelassen.
Die Ratsfraktion der Linken kündigte am Dienstag an, den Einsatz in der nächsten Woche im Innenausschuss des Landtags zur Sprache zu bringen.