Bochum. Der jüngst sensationell Team-Europameister gewordene Schachprofi Daniel Fridman lebt seit über zehn Jahren in Bochum. Der Großmeister wohnt zusammen mit der amtierenden US-Meisterin und spielt in der Schach-Bundesliga für Mülheim. Ein Porträt eines Meisters des königlichen Spiels.

Das „Wunder von Porto Carras“ bejubelten Schachfans in Anlehnung an historische Fußballtriumphe den Gewinn des EM-Titels der deutschen Männermannschaft in Griechenland. Der in der Bochumer Hustadt wohnende Großmeister Daniel Fridman ist einer der fünf Spieler, die Ende letzter Woche den Riesenerfolg feierten.

„Wir waren die totalen Underdogs“, berichtet Fridman über die Ausgangslage. Zwar konnte nach jahrelangen Querelen im Verband erstmals die stärkste deutsche Mannschaft an den Start gehen, doch fand sich das Team in der Setzliste an zehnter Stelle unter 38 Nationen wieder. Gespielt wurde in diesem Wettbewerb an vier Brettern. Auf dem Weg zum Titel konnte die deutsche Mannschaft sensationell Weltmeister Ukraine, EM-Titelverteidiger Aserbaidschan und in der letzten und entscheidenden Runde Olympiasieger Armenien bezwingen. Die Creme des Weltklasseschachs.

Turniere in aller Welt

Daniel Fridman wohnt schon seit 1999 in der Hustadt. Hierher kam er aus seinem Geburtsland Lettland. Dort war der 1976 geborene Fridman 1996 Landesmeister, 2008 folgte auch der deutsche Meistertitel, nur ein Jahr nach der deutschen Staatsbürgerschaft. Seit diesem Jahr wohnt auch seine Ehefrau Anna Zatonskih in Bochum. Die beiden haben eine vierjährige Tochter. Auch die in der Ukraine geborene 33-jährige Anna ist eine starke Spielerin und vierfache US-Meisterin (zuletzt in diesem Jahr). Sie wohnen im sechsten Stock am Hustadtring und fühlen sich hier wohl.
Daniel Fridman ist Berufsschachspieler, einst hatte er auch ein Studium begonnen, doch zog er das professionelle Schach als „einfacheren Weg“ vor. Er spielt heute Turniere in aller Welt und tritt in der deutschen Schach-Bundesliga für Mülheim an. Als aktuell 85. der Weltrangliste wird er aber nicht zu den lukrativsten Einladungsturnieren der Weltbesten eingeladen.

Qual beim Zusehen

Dass er aber mit diesen mithalten kann, bewies einmal mehr das Mannschaftsturnier in Griechenland, wo er 4,5 Punkte aus seinen acht Partien sammelte. Sieben mal spielte er unentschieden, eine Partie gewann er. „Schach ist zwar ein Individualsport“, weiß er, „Wenn ich aber in einer Mannschaft spiele, zählt deren Erfolg“, so sein professionelles Credo. Das bedeutet, auch gelegentlich auf die anderen laufenden Duelle zu schauen, und die eigene Partie je nach Mannschaftsstand bei Gelegenheit aggressiver oder eben solider anzulegen.

Im entscheidenden Kampf gegen die bärenstarken Armenier hatte Fridman die Teamorder, vorsichtig auf Vorteil zu spielen und nicht zu viel zu riskieren. Ein Remisschluss im frühen Partiestadium zum zwischenzeitlichen 1:1 war die Folge. Der Teamfahrplan ging aber voll auf und die Mannschaft wurde mit 2,5:1,5 sensationell Europameister. „Ich konnte die letzte entscheidende Partie aber nicht mit ansehen, bin weggegangen“, schildert er die Qual des Zusehens. Die empfinde er allerdings auch, wenn er seiner Frau beim Spielen zusehen müsse.

Sehenswertes Unentschieden rettet den Sieg

Seine beste und wichtigste Turnierleistung vollbrachte Fridman in der Partie gegen den Azeri Shakhriyar Mamedyarov. Hier gelang es ihm, ein materiell schlechter stehendes Endspiel auf sehenswerte Weise ins Unentschieden zu retten und damit den knappen Vorschlussrundensieg zu sichern, der das furiose Final erst ermöglichte.

So etwas wie ein „Geist von Bern“ wohnte dieser deutschen Mannschaft aber nicht inne. Die Individualisten verstehen sich gut, was keine Selbstverständlichkeit ist. „Ich bin mit keinem der anderen eng befreundet“, sagt Fridman ganz ehrlich. „Wir haben aber ein gutes, kollegiales Verhältnis“. Dennoch: der EM-Titel in der Mannschaft gehöre zu den größten Erfolgen seiner Karriere.