Mülheim.

Richtig turbulent ging es zum Saisonauftakt in der Schach-Bundesliga zu. Die beiden Top-Favoriten OSG Baden-Baden und Werder Bremen sind jeweils schon einmal gestürzt. Auch der SV Mülheim-Nord, am vergangenen Wochenende in der RWE-Sporthalle Gastgeber der dreitägigen Saison-Auftaktveranstaltung, kam nicht wie erwünscht aus den Startlöchern. Spitzenreiter ist der SV Wattenscheid.

Eine schallende Ohrfeige für die Mülheimer war die 3,5:4,5-Niederlage im Prestigeduell gegen die Sportfreunde Katernberg am Freitagabend. Dabei hatten die Gastgeber sieben Großmeister an die Bretter geschickt und damit beinahe die Bestbesetzung aufgeboten. Alexander Motylev saß am Spitzenbrett und vertrat den Franzosen Maxime Vachier-Lagrave. Doch selbst der Russe musste eine Niederlage in der Partie gegen den Essener Neuzugang Yuriy Kryvoruchko einstecken.

„Motylev war auf Turnierreise in Asien und musste auf dem Weg hierhin per Flugzeug mehrmals umsteigen. Er war offenbar dadurch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte“, meinte Heinz Schmitz. Der Nord-Vorsitzende nahm aber kein Blatt vor den Mund und bezeichnete die Niederlage als überraschend und nicht den Erwartungen entsprechend. Schmitz: „Für unseren Anspruch war das schon ziemlich blamabel.“

Auch am Samstag zeigte die Schach-Bundesliga ihr neues Gesicht. Ausgerechnet die Mülheimer schafften die Überraschung des Wochenendes und besiegten die OSG Baden-Baden mit 4,5:3,5. Sieben Unentschieden und ein Sieg (von Daniel Hausrath am achten Brett) – hört sich einfach an, ist aber gegen das „Bayern München“ der Schach-Bundesliga ein beinahe unmögliches Unterfangen. Doch die Gastgeber haben es geschafft und waren plötzlich in aller Munde. „Die Nordler marschieren jetzt“, hieß es in der Halle.

„In der vergangenen Saison haben wir gegen Baden-Baden noch im Kunstmuseum eine 1,5:6,5-Niederlage einstecken müssen. Der Sieg ist sensationell“, so Schmitz. Und ausgerechnet die Mülheimer konnten am Sonntag nicht ganz an ihre Top-Leistung vom Vortag anknüpfen, lagen gegen die SG Trier mit 3:4 zurück und nur dem Moskauer Neuzugang Boris Grachev war es zu verdanken, dass es noch zu einem Remis langte. Er führte gegen den Polen Piotr Bobras eine lange Zeit ausgeglichene Partie zu einem Sieg. „Boris hat einen langsamen, ruhigen Stil und eine große Ausdauer – und auch immer wieder einige gute Tricks auf Lager“, war der Kapitän Daniel Fridman voll des Lobes über Grachev, der am zurückliegenden Wochenende erstmals in der deutschen Bundesliga zum Einsatz kam.

Insgesamt war Fridman, der selbst zweimal remis spielte und eine Niederlage gegen Katernberg einstecken musste, mit dem Erreichten aber nicht zufrieden. „Gegen Katernberg war der Sieg eigentlich ein Muss. Wir hatten mit zwei Erfolgen an diesem Wochenende gerechnet“, so der Mannschaftsführer. Daniel Hausrath, der am Samstag für seinen Sieg gegen Jan Gustafsson, Deutschlands Nummer zwei, gefeiert worden war, meinte nach dem dreitägigen Schachspektakel in der RWE-Sporthalle: „Grundsätzlich sind alle Gegner gut. Mal läuft es eben, und manchmal eben nicht. Die Liga hat insgesamt noch einmal an Qualität gewonnen. Viele Mannschaften haben sich verstärkt, auch die Aufsteiger sind gut. Die Tagesform wird oft eine entscheidende Rolle spielen. Leider haben wir unsere Chancen gegen Trier nicht genutzt. Landa und Motylev hatten beide eine gute Gewinnchance“, so Daniel Hausrath. Und weiter: „Es war ein tolles Ambiente hier in der RWE-Sporthalle. Es hat großen Spaß gemacht.“

Das gilt auch im Moment für die Bundesliga. Auch Werder Bremen, neben der OSG Baden-Baden, zweiter Anwärter auf den deutschen Meistertitel, kassierte eine nicht für möglich gehaltene 2:6-Niederlage im Duell gegen die Schachfreunde Berlin. Das Hauptstadt-Team hatte am Sonntagvormittag plötzlich mit der Aufstellung des Armeniers Levon Aronian, Nummer drei der Weltrangliste, ein Ass aus dem Ärmel gezogen. Die Schach-Bundesliga lebt.