Bochum. . Auf eine Pizzeria in Bochum-Langendreer ist in der Nacht auf Dienstag möglicherweise ein Brandanschlag verübt worden. Die Frontscheibe wurde weggesprengt. Verletzt wurde niemand. Die Kripo nahm fünf Bochumer fest, ließ sie aber wieder laufen.
„Das hat geknallt, als wenn es ein Erdbeben gegeben hätte“, sagte ein Nachbar am Morgen danach. Olaf Bruchhaus steht, mit einem kleinen Jungen auf dem Arm, neben einer Steh-Pizzeria in Langendreer, in der es in der Nacht zuvor eine heftige Explosion gegeben hat. Vieles deutet auf einen Brandanschlag hin, denn in dem Laden fand die Kripo Brandbeschleuniger. Eine spezielle Ermittlungskommission war vor Ort. Und auch der Staatsschutz. Noch in der Nacht wurden fünf Bochumer festgenommen, inzwischen aber wieder freigelassen.
Massenhaft Scherben und Splitter bedecken neuwertiges Auto
„Bella Bellissimo“ steht über dem einstöckigen Stehimbiss an der Kaltehardtstraße 40, einer beschaulichen Tempo-30-Zone mit Wohnhäusern. Aber schön sieht es in dem kleinen Laden seit 23.45 Uhr überhaupt nicht mehr aus. Die Wucht der Explosion, einer Verpuffung, war so gewaltig, dass die Frontscheibe geradezu weggesprengt worden ist. Außerdem hatte die Druckwelle den Rahmen der massiven Eingangstür bis zu einem Meter weit herausgedrückt. Die Scherben, die groß wie eine Männerhand sind, und tausende Splitter flogen bis auf die gegenüberliegende Straßenseite. Direkt vor dem Laden, der „Pizza, Nudeln, Salate“ und auch einen Lieferservice mit Pizza-Taxi anbietet, stehen zwei Autos, ein neuwertiger Volvo und ein alter Opel-Astra. Der Volvo ist übersät mit Scherben, eine Seitenscheibe ist zerstört, der weiße Lack vielfach zerkratzt.
Anwohner Olaf Bruchhaus, der im unmittelbar an die Pizzeria angebauten Mehrfamilienhaus wohnt, sagte der WAZ: „Um 23.45 Uhr hat es geknallt. Es war sehr laut. Dann bin ich runter, gucken, was los ist. Dann hat es darin schon gebrannt. Es hat nach Benzin und Gas gerochen. Deshalb haben sie (die Feuerwehr, Anm. d. Red.) den Gashahn zugedreht, weil befürchtet wurde, dass das ganze Haus in Mitleidenschaft gezogen werden könnte.“
„Das war richtig Volksbelustigung heute Nacht“
Alle Anwohner des dreigeschossigen Nachbarhauses wurden evakuiert. Über zwei Stunden standen sie auf der Straße, bevor sie in ihre Wohnungen zurückkehren konnten. Auch Nachbarn anderer Wohnhäuser kamen auf die Straße und verfolgten den Einsatz. „Das war richtig Volksbelustigung heute Nacht“, sagte Anwohner Heinz-Joachim Weilbeer der WAZ am Dienstagmorgen.
Die Feuerwehr konnte den Brand schnell löschen, zumal der Einsatzort ebenerdig war. Menschen wurden nicht verletzt. Am Brandort soll auch ein Benzinkanister gefunden worden sein. In den Räumen der Pizzeria sieht es jetzt teilweise verkohlt aus. Besonders der Theken- und Kochbereich ist verwüstet. Viele weiße Plastikteller liegen draußen auf dem Gehweg. Mehrere Zimmerpflanzen hängen kopfüber von der Fensterbank der Frontscheibe über einem Meer aus Glassplittern. Die Kripo hat alles mit einem Flatterband abgesperrt.
„Es besteht der Verdacht der Brandstiftung“
Am Morgen untersuchten Brandsachverständige das Geschäft. „Es besteht der Verdacht der Brandstiftung“, sagte Polizeisprecher Volker Schütte. Einen technischen Defekt schließt die Kripo zurzeit jedenfalls aus.
Noch in der Nacht auf Montag hatte die Polizei fünf Bochumer in ihren jeweiligen Wohnungen aufgesucht und mit ins Polizeipräsidium genommen. Sie wurden verhört. Wie Oberstaatsanwalt Wolfgang Dörsch der WAZ sagte, gehören sie der rechten Szene an. Am Dienstag gegen 10 Uhr durften alle wieder nach Hause gehen. Polizeisprecher Schütte zur WAZ: „Der vage Verdacht hat sich nicht bestätigt.“ Worauf genau sich dies Verdacht gründete, sagte Schütte nicht. Zur Stunde gebe es jedenfalls „gar keine Hinweise“ mehr, dass der Brand „einen politischen Hintergrund“ habe. Das aber wurde vorher offenbar spekuliert, zumal der Staatsschutz eingeschaltet war.
„Die waren wohl nicht beliebt“
Die Pizzeria wird nicht von Italienern betrieben, sondern von einer arabischen Familie, wie Nachbarn sagen. Es sei vor kurzem bereits zweimal ein Gullydeckel in den Laden geworfen worden, das letzte Mal erst in diesem Jahr. „Die waren wohl nicht beliebt“, mutmaßt ein Nachbar. Seit rund vier Jahren soll die Familie, die drei Kinder haben soll, das Geschäft betrieben haben.
In der Brandnacht waren sie nicht im Laden. Am Montag war Ruhetag. Die Ermittlungen dauern an. Die Pressestelle der Polizei hatte am Dienstagvormittag wegen der Explosion viel zu tun: „Wir haben ein riesiges Medieninteresse, von Köln bis Mainz.“ Die Polizei bittet Zeugen um Hinweise unter der Telefonnummer 0234-9094110.