Bochum. .

Ein spektakulärer Kriminalfall wird ab Mittwoch (17. August) vor dem Bochumer Schwurgericht verhandelt. Es geht um den tödlichen Schuss auf den Unternehmer Klaus Kandaouroff (80) und einen besonders brutalen Überfall auf eine Witwe (71) vor über fünf Jahren.

Seit 29 Jahren ist Dieter Justinsky bei der Bochumer Staatsanwaltschaft allen möglichen Kapitalverbrechern auf der Spur. Am Mittwoch verhandelt er vor dem Bochumer Schwurgericht einen seiner spektakulärsten Fällen. Es geht um einen Raubüberfall auf eine 71-jährige Seniorin in ihrem Einfamilienhaus am Bochumer Stadtpark vor fünfeinhalb Jahren - und um den tödlichen Kopfschuss auf einen Unternehmer (80) in Datteln im Mai 2010.

Der Bochumer Staatsanwalt Dieter Justinsky (re.) und der Recklinghäuser Kripo-Beamte Achim Finkeldey haben die Ermittlungen geleitet. Foto: Sascha Schuermann/ddp
Der Bochumer Staatsanwalt Dieter Justinsky (re.) und der Recklinghäuser Kripo-Beamte Achim Finkeldey haben die Ermittlungen geleitet. Foto: Sascha Schuermann/ddp © ddp

Justinsky und der Recklinghäuser Kripo-Beamte Achim Finkeldey haben acht Monate an dem aufsehenerregenden Tötungsfall ermittelt. Das war kriminalistische Schwerstarbeit. Erst im vorigen Februar konnten drei Männer in U-Haft gesteckt werden.

Bochumer Witwe (71) in ihrem Schlafzimmer gefesselt - 100.000 Euro Beute

Im Zentrum der Anklage steht der 43-jährige Kroate Mladen P. aus Haltern. In der Nacht auf den 7. Januar 2006, zwischen 23 und 2 Uhr, sollen er und ein bis heute unbekannter Komplize in das Haus der vermögenden Witwe an der Schillerstraße geschlichen sein.

Dem damaligen Polizeibericht zufolge war die alleinstehende Frau durch Geräusche wach geworden. Als sie nachschaute, wurde sie ins Schlafzimmer zurückgedrängt, aufs Bett geworfen und mit zerrissenem Bettzeug gefesselt. Wo ihr Geld und ihr Schmuck seien, fragten die Verbrecher. Einer schlug sie mit seiner Taschenlampe mehrfach auf den Hinterkopf und drohte ihr mit einem Messer aus ihrer Küche. Die Täter fanden ihr Vermögen im Safe im Schlafzimmer - es hatte einen Wert von über 100 000 Euro. Damit flüchteten sie. Das verletzte Opfer konnte sich gegen 2 Uhr selbst befreien und bei Nachbarn Alarm schlagen.

Womit keiner rechnete: Der Überfall sollte über vier Jahre später Teil von riesigen Ermittlungen der Recklinghäuser Mordkommission werden.

Zwei Angeklagte sollen geständig sein

Denn am 29. Mai 2010 soll Mladen P. auch maskiert den Millionär Klaus Kandaouroff (80) vor dessen Villa in Datteln überfallen haben. Dabei wurde der Geflügelgroßhändler mit einem Kopfschuss getötet. Laut Anklage waren auch Michael M. (46) aus Schermbeck und Volker H. (47) aus Haltern dabei. H. hat sich bisher nicht geäußert, die anderen sollen geständig sein.

Die Verquickung zu dem Überfall in Bochum kam durch eine DNA-Spur an einer Sturmhaube, die in Tatortnähe gefunden wurde. Diese DNA stimmte mit der DNA aus dem Haus der Bochumerin überein. Damit hatte man aber noch nicht den Täter, denn Mladen P. war in der DNA-Kartei nicht bekannt. Erst die ZDF-Sendung „XY ungelöst“ brachte den entscheidenden Tipp. Wer ihn gab, sagen die Ermittler nicht. Informantenschutz.

Allen droht „lebenslänglich“

Allen drei Angeklagten droht eine lebenslängliche Freiheitsstrafe. Die Anklage lautet zwar nicht auf Mord oder Raubmord, sondern auf „Raub mit Todesfolge“. Aber auch dafür sieht das deutsche Gesetz die Möglichkeit der Höchststrafe vor (Mindeststrafe zehn Jahre). Hintergrund dieser juristischen Differenzierung ist: Der Schuss aus dem Revolver, der an den Kopf des Unternehmers gehalten worden war, soll sich angeblich ungewollt gelöst haben. Die Angeklagten sollen den Tod aber zumindest leichtfertig verursacht haben.
Das Gericht hat Termine bis Dezember terminiert.