Bochum. . Fahrspaß gegen Lernfrust: Im Projekt Mathe plus Praxis (MP²) dient der Segway dazu, angehenden Ingenieurswissenschaftlern an der Ruhr-Universität die praktische und die unterhaltsame Seite der Mathematik näher zu bringen.

Warum fällt ein Segway eigentlich nicht um? Das seltsame Gefährt rollt auf einer einzigen Achse mit bis zu 20 km/h, beschleunigt, wenn der Fahrer sich nach vorne beugt und bleibt auch im Gleichgewicht, wenn es stillsteht. Im Projekt Mathe plus Praxis (MP²) dient der Segway dazu, angehenden Ingenieurswissenschaftlern an der Ruhr-Universität die praktische und die unterhaltsame Seite der Mathematik näher zu bringen, mit der sie sich im Studium herumschlagen müssen – denn der selbstbalancierende Roller ist Spaß gewordene Mathematik.

Während sich eine kleine Gruppe von Zweitsemestern im Biomedizinpark Ruhr sichtlich auf den extra gemieteten Segways amüsiert, erklärt Aeneas Rooch den ernsthaften Hintergrund des Projekts: Die Abbrecherquote in den Ingenieurswissenschaften ist enorm hoch, liegt an der RUB sogar bei etwa 40 Prozent. „Und Schuld ist oft die Mathematik“, sagt Rooch, der den Kurs Mathe-Praxis im MP²-Projekt leitet. Zu abstrakt, zu schwer, zu trocken – vielen Studierenden geht in den Mathekursen die Luft aus, bevor sie den praktischen Teil des Studiums erreichen. „Mit dem Projekt wollen wir gegensteuern und die Motivation aufrechterhalten“, so Rooch. Dafür gab es Fördergelder vom Stifterverband der Deutschen Wissenschaft und der Heinz-Nixdorf- Stiftung.

„Das Horrorwort des zweiten Semesters“

Und wie funktioniert so ein Segway nun? „Das Gerät misst einhundert Mal pro Sekunde seine Position und gleicht sie über einen Elektromotor so aus, dass der Roller nicht umfällt“, erklärt der Regelungstechniker Moritz Schulze Darup, der das Projekt von der ingenieurswissenschaftlichen Seite betreut. Prinzipiell sei das wie bei der morgendlichen Dusche, ergänzt Aeneas Rooch: „Man prüft die Temperatur mit der Hand und regelt warmes und kaltes Wasser so lange nach, bis es passt.“ Im Segway misst ein Gyroskop Veränderungen im Neigungswinkel. Der Elektromotor steuert gegen und hält den Roller im Gleichgewicht, beschleunigt oder bremst.

Um die Vorgänge im Segway mathematisch darzustellen, braucht man Differentialgleichungen. Das „Horrorwort des zweiten Semesters“ nennt Rooch diese Gleichungen. Diesen „Formelhorror“ gilt es aufzulockern, findet Rooch. Offenbar mit Erfolg: „Mir gefällt der Anschauungseffekt“, sagt Milan Peschkes, einer der dreißig studentischen Teilnehmer. Dass sich nur wenige Kommilitonen für die Teilnahme an MP² beworben haben, wundert den Studenten. „Ich glaube schon, dass dieser Einblick in die Praxis die Motivation fördern kann.“ Den Teilnehmern steht der Spaß am Fahren jedenfalls ins Gesicht geschrieben.

Faszinierend: Die Robustheit

Das Faszinierende an der Balance-Technik des Segways sei die Robustheit der Regelung, erklärt Moritz Schulze Darup. „Der Roller kann verschiedenste Faktoren auffangen, zum Beispiel, ob der Fahrer groß und dick oder klein und dünn ist. Umfallen kann man nur, wenn man den Elektromotor überfordert, der die Befehle der Sensoren umsetzt.