Bochum. . Die Sportfreunde der Sperrtechnik knacken um die Wette Schlösser – mit viel Fingerspitzengefühl und ohne kriminelle Absichten. „Lockpicking“-Vereine gibt es überall, seit kurzem auch in Bochum. Ein Blick auf ein ungewöhnliches Hobby.
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Ein dunkler Hinterhof in Bochum. Auf dem Tisch liegt allerlei Werkzeug, mehrere Gestalten machen sich an Vorhängeschlössern zu schaffen. Unter schmerzhaftem Quietschen werden Schlüssel zurecht gefeilt, hin und wieder ertönt ein leises Klicken. Das Schloss ist geknackt. Auf den „Lockpicker“ warten aber kein Geld und keine Juwelen – was hier zählt, ist das Erfolgserlebnis. Denn Lockpicking (englisch für „ein Schloss knacken“) beschreibt die Kunst, ein Schloss zu öffnen, ohne einen Schlüssel dafür zu haben. Ein Hobby – ungewöhnlich zwar, aber ohne kriminelle Absichten.
Einmal im Monat treffen sich die Bochumer Lockpicker, um ihre Fingerfertigkeit zu trainieren. Neue Gesichter sind immer wieder dabei, hat das Hobby doch einen praktischen Nutzen: „Ich habe schon mal vor einer verschlossenen Haustür gestanden, weil ich meinen Schlüssel vergessen hatte. Hiermit spart man sich den Schlüsseldienst“, sagt Neuling Thorsten Mehlich mit einem zuversichtlichen Grinsen. Dann stochert er wieder konzentriert mit dem Tastbesteck im Schlüsselloch herum. „Es ist nicht einfach die Zylinder zu treffen und zurück zu drücken. Das ist Fummelarbeit mit viel Gefühl“, meint der 31-Jährige. „Dass man es richtig macht, erkennt man nur an einem leisen ,Knack’.“
Zahnärzte sind die wahren Meister
„Knack“ – dieses Geräusch hat André Matuschek für sich gepachtet. Bei Meisterschaften der rund 700 Lockpicker weltweit belegt der Bochumer oft einen der vorderen Plätze. Besser sind nur Zahnärzte – die „fummeln“ schließlich auch beruflich. Im Hinterhofkeller ist Matuschek aber der unangefochtene Experte. Er erklärt Anfängern, wie ein Schloss im Inneren aussieht, feilt in wenigen Minuten Schlüssel zurecht, improvisiert Werkzeuge aus Straßenkehrerborsten.
Seit sechs Jahren begeistert sich der 29-Jährige fürs Lockpicking. Der Weg vom Computer zum „Haustür hacken“ war für den Diplom-Informatiker nicht weit. „Ich habe damals etwas über den Chaos Computer Club gelesen. Der Gründer des Clubs hat ein Lockpicking-Set aus den USA mitgebracht und 1997 den ersten „Sportfreunde der Sperrtechnik’-Verein in Hamburg gegründet.“
Keine kriminelle Energie
In Moers hat Matuschek seine ersten Fummelversuche gemacht, das Schlösser-Knacken dann bei Vorlesungen in der Universität und auf Bahnfahrten perfektioniert, schließlich die Panzerknacker-Gruppe in Bochum gegründet. „Theoretisch ist jedes Schloss zu knacken“, sagt er. Und praktisch? „Vorstrafen sind im Verein nicht erlaubt. Es sind schon Leute gekommen, die wissen wollten, wie man Zigarettenautomaten knackt. Die fliegen natürlich raus. Für Verbrechen ist Lockpicking ziemlich ungeeignet – Einbrecher haben schnellere Methoden.“
Die Freunde von Gisbert Otto können auf ihren persönlichen „Einbrecher“ vertrauen. Der Lockpicker aus Moers plaudert ein wenig aus dem Schlüsselkästchen: „Ich öffne oft Türen für Freunde, die sich ausgesperrt haben. Wie lange das dauert, hängt vom Schloss ab. Eine einfache Zimmertür hab’ ich in einer Minute auf.“
Für Neuling Thorsten Mehlich ist es noch ein weiter Weg dorthin. „Klick“ hat es bei ihm jedenfalls noch nicht gemacht.