Bochum. . Vor dem Bochumer Landgericht hat am Montag der zweite Prozess zum Fußball-Wettskandal begonnen. Im Mittelpunkt steht Ante Sapina, der Strippenzieher im Hoyzer-Skandal von 2005. Das Urteil wird in einigen Wochen erwartet.

Feldspieler bestochen, Torwart bestochen, Co-Trainer bestochen, Schiedsrichter bestochen – solche und andere Gaunereien wirft der Bochumer Staatsanwalt Matthias Rhode seit Montag sechs Angeklagten (29 bis 47) vor dem Bochumer Landgericht vor. Es ist bereits der zweite Prozess, der jetzt in Bochum zum Fußball-Wettskandal läuft. Und diesmal sitzt auch der wohl bekannteste Wettbetrüger, Ante Sapina (35), mit auf der Anklagebank. Der Berliner Kroate hatte 2005 die Strippen im Bestechungsskandal um den damaligen DFB-Schiedsrichter Robert Hoyzer gezogen. In der Zockerszene ist er eine Berühmtheit.

Schmiergeld-Feldzüge

Ein paar Stühle neben Sapina sitzt Marijo S. (35), ebenfalls Kroate, ein elegant gekleideter Mann. Er soll es genauso faustdick hinter den Ohren gehabt haben wie Sapina, der in seinem dunklen Anzug ebenfalls sehr seriös wirkt. Beide gelten als das Führungsduo einer Wettbande, die von Deutschland aus massenhaft Spiele im In- und Ausland manipuliert und damit laut Anklage rund vier Millionen Euro reinen Wettgewinn einfuhren. Noch als Sapina wegen der Hoyzer-Betrügereien im Knast gesessen hatte, sollen die beiden weitere Schmiergeld-Feldzüge auf der europäischen Fußballbühne ausgeheckt haben. Wer wann wie wen bestochen habe, hätten sie möglichst geheim gehalten, um die Gewinnquoten hochzuhalten, heißt es in der Anklageschrift.

Sie listet 47 Spiele in den Jahren 2008 und 2009 auf. Über zwei Stunden braucht der Staatsanwalt, um alle mutmaßlichen Schurkenstücke vorzulesen. Rund fünf Millionen Euro wurden der Anklage zufolge auf diese Paarungen gesetzt. Die Buchmacher saßen in Asien, in London, aber auch in Deutschland und im Ruhrgebiet. Rund 800 000 Euro Schmiergeld wurden aufgewandt, um die Beteiligten der Spiele für „wohlgefälliges Verhalten“ zu gewinnen, meint der Staatsanwalt. Selbst wenn eine Wette verloren ging, entstand aus Sicht der Staatsanwalt „für die Buchmacher ein Quotenschaden“.

Bundesliga nicht in der Anklage

Die Bundesliga taucht in der Anklage nicht auf. Wohl aber die Champions-League (VSC Debrecen/Ungarn gegen AC Florenz). Der höchste Netto-Gewinn soll bei der Partie Debrecen gegen Bern in der Europa-League erzielt worden sein: 311 000 Euro. Einige Abwehrspieler der Ungarn waren laut Anklage mit 50 000 Euro bestochen worden. Bei anderen ausländischen Spielen sollen sogar die Spieler beider Mannschaften geschmiert worden sein. Und sogar Freundschaftsspiele wurden nach den Erkenntnissen der Ermittler verschoben. Beim Spiel des Schweizer FC Sion gegen den bosnischen Club NK Travnik soll die Wettbande für die Bosnier das Hotel bezahlt haben (30 000 Euro), damit sie 1:4 verlieren. Wettgewinn: 116 395 Euro.

Weitere laut Anklage verschobene Spiele fanden in der Türkei, in Belgien, Österreich und Kroatien statt. Die Angeklagten sollen sich diese Länder regelrecht aufgeteilt haben. Und auch ein WM-Qualifikationsspiel war angeblich dabei: Liechtenstein gegen Finnland. Dort war laut Anklage ein Schiri für 30 000 Euro gekauft worden, damit er für zwei Tore in der zweiten Halbzeit sorgt. Das Ergebnis lautete 1:1 (Halbzeit 0:0). Wettgewinn: 221 000 Euro.

DFB-Pokalspiel dabei

In Deutschland soll das DFB-Pokal-Spiel VfB Speldorf gegen RW Oberhausen manipuliert worden sein. Spieler der Gastgeber sollen mit einigen tausend Euro dazu verführt worden sein, mit genau drei Toren Unterschied zu verlieren. Sie unterlagen 0:3. Den Wettgewinn beziffert Staatsanwalt Rhode bis auf den Cent genau: 87 681,82 Euro.

Aus der 2. Bundesliga steht in der neuen Anklage auch die Partie Nürnberg gegen VfL Osnabrück. Der ehemalige VfL-Spieler und Erstliga-Profi Thomas C. soll 5000 Euro angenommen haben. Weitere verdächtige deutsche Spiele fanden in der Ober- und Regionalliga statt. Sapina, Marijo C. und Deniz C. sitzen seit fast 16 Monaten ohne Urteil in Haft. Das Urteil wird in einigen Wochen erwartet.