Bochum. . 400 Menschen aus Bochum haben sich am Samstag zu „einem der größten Bürgerbeteiligungsprozesse“ Deutschlands getroffen - dem „BürgerForum 2011“ des Bundespräsidenten. Wulff war selbst präsent: per Videoübertragung.
Mitte Dezember klingelte beim Bochumer Physik-Studenten Steffen Krakau das Telefon. Am Apparat war das Bundespräsidialamt. Ob er mitmachen wolle beim „BürgerForum 2011“ des Bundespräsidenten Christian Wulff. „Ich habe erst gedacht, das wäre ein Werbeanruf“, sagte der 23-Jährige jetzt am Samstag im Bochumer Ruhr-Congress. Dort haben sich 399 weitere Bochumerinnen und Bochumer getroffen zu einem „der größten Bürgerbeteiligungsprozesse, die es in Deutschland je gegeben hat“, wie es zum Auftakt hieß.
Sinn dieser bundesweiten Großaktion ist es, den Bürger mehr in den politischen Entscheidungsprozess einzubinden, indem er konkrete Vorschläge zu sechs verschiedenen Themenfeldern macht: Bildung, Integration, Demografie, Solidarität/Gerechtigkeit, Demokratie /Beteiligung sowie familiäre Lebensformen.
Insgesamt machen in Deutschland 10.000 Menschen mit
Die 400 Menschen aus Bochum sind Ende 2010 nach dem Zufallsprinzip aus dem Bochumer Telefonregister ausgewählt worden. Außer Bochum sind noch 24 weitere, per Losverfahren ausgewählte Städte und Kreise dabei. Deshalb trafen sich am Samstag insgesamt 10 000 Menschen in ganz Deutschland, so genannte „Bürger-Redakteure“. Sie bildeten einzelne Arbeitsgruppen und diskutierten darin die oben genannten sechs Themengebiete. Für jedes einzelne sollen die Bürger-Redakteure in den nächsten Wochen eine zentrale Herausforderung festlegen und dann konkrete Lösungsvorschläge finden.
Die Arbeit, die am Samstag im direkten persönlichen Austausch begann, wird im Internet auf der extra angelegten Seite www.buergerforum2011.de in virtuellen Kleingruppen fortgeführt - mit Kommentartexten und Abstimmungen. Die Ergebnisse werden zunächst zu einem „regionalen Bürger-Programm“ zusammengestellt und am 14. Mai veröffentlicht. In einem weiteren Schritt werden diese regionalen Bürger-Programme auf der Internetplattform zu einem „bundesweiten Bürger-Programm“ weiter verdichtet. Ganz am Ende sollen die Vorschläge und Lösungen der Bürger eine Anregung und Vorgabe sein für die Vertreter aus Politik und Gesellschaft.
„Für den Standort Bochum möchte ich einen konstruktiven Beitrag leisten.“
Martin Lipka ist einer der 400 ausgewählten Bochumer. Am Samstag zum Auftakt sagte er: „Ich gehe gespannt in den Tag, auch mit hohen Erwartungen an meine eigenen Beiträge. Für den Standort Bochum möchte ich einen konstruktiven Beitrag leisten.“ Er ist in der Arbeitsgruppe Demokratie/Beteiligung. Neben ihm sitzt Katrin Weinhold: „Ich bin sehr gespannt. Zurzeit ist es noch etwas nebulös. Es soll aber schon etwas Konkretes herauskommen.“ Ein weiterer Teilnehmer, Oliver Wich: „Ich finde es toll, einer der 10.000 in Deutschland zu sein, die mitdiskutieren dürfen.“
Morgens um 9.30 Uhr ging es schon los. Um 11 Uhr wurde Bundespräsident Wulff von einem anderen „BürgerForum“ aus Hof zugeschaltet, auf einer Großleinwand: „Sie sind nicht Versuchskaninchen, sondern Versuchsleiter“, versicherte er. „Immer mehr Bürger fühlen sich nicht ausreichend in Entscheidungsprozesse eingebunden.“ Mit dem BürgerForum wolle er die Menschen nun „begeistern für die Politik - und ich weiß, wie schwer das ist“.
Auch Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz sprach: „Dass Sie sich engagieren, finde ich wunderbar. Bochum hat damit die Chance, den Weg der Bürgerbeteiligung weiterzugehen.“