Bochum. .

Eine psychologische Studie zeigt: Karateka verstehen Gegenüber als gleichberechtigten Partner, nicht als Sandsack. Diese vom Deutschen Karate Verband gelehrte Form wird unter anderem auch in Bochum trainiert.

Immer wieder ist die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen und Kindern ein Thema. Einen - scheinbar - überraschenden Ansatz haben nun Forscher der Universität Regensburg aufgezeigt. Die Psychologin Dr. Katharina Dahmen-Zimmer hat mit Kollegen eine Gruppe von Kindern im Alter von 11-13 Jahren über ein halbes Jahr hinweg mit Blick auf ihr Sozialverhalten beobachtet und betreut.

Während dieser Zeit trainierte der eine Teil der 38-köpfigen Probandengruppe Karate, der andere Tischtennis. Letztere diente dabei als Kontrollgruppe. „Das gesamtgesellschaftliche Problem steht derzeit im Fokus und Karate hat in diesem Zusammenhang mit Vorurteilen zu kämpfen“, erklärt Dahmen-Zimmer ihr Interesse an dem Einfluss des Karate auf die Gewaltbereitschaft von Kindern und Jugendlichen.

Das Ergebnis der Wissenschaftler ist eindeutig: Karate mindert die Gewaltbereitschaft. „Rein wissenschaftlich gesehen können wir die Aussage nur für die untersuchte Altersgruppe treffen“, so Dahmen-Zimmer weiter, „aber dort ist es erstaunlich, dass wir trotz der relativ kleinen Probandengruppe so aussagekräftige Ergebnisse erhalten haben.“ Die Psychologin will ihre Forschung in diesem Bereich unbedingt fortsetzen.

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Von DerWesten

Noch ausgeprägter hätte sich bei der Karategruppe ein weiterer Effekt gezeigt: „Wir haben eine Abnahme von depressiven Tendenzen und Selbstwertproblemen festgestellt.“ Eine Einschränkung macht die Regensburger Forscherin: „Das Ergebnis gilt nicht für alle Karate-Formen.“ Sondern lediglich für das, was Dahmen-Zimmer als „DKV-Karate“ bezeichnet, in Anlehnung an den Deutschen Karate Verband. Sie meint damit ein Karate, das nicht darauf angelegt ist, im Training mit aller Wucht gegen den Gegner zu arbeiten, sondern ihn als Partner begreift, mit dem es sich gegenseitig zu verbessern gilt. Diese Art des Karate wird unter anderem auch im Budokan Bochum gelehrt.

Dessen Sensei (Lehrer) Bernhard Milner, 8. Dan Shotokan-Karate, ist selbst Funktionär im DKV und lehrt Karate nach traditionellem Vorbild. „Diesen Effekt proklamieren wir auch. Man wird ausgeglichener, ruhiger und aufeinanderzugehender.“ Kinder und Jugendliche machen rund 280 der aktuell etwa 370 Mitglieder des Vereins aus.

Der durch die Regensburger Studie belegte Einfluss des Karate auf die Befindlichkeit der Kinder entspringt in den Augen des erfahrenen Karatemeisters dem Karate selbst und bedarf keiner besonderen Konzentration auf diesen Trainingsaspekt. „Die fünf Grundtugenden des Karate sind Respekt, Aufmerksamkeit, Disziplin, Kontrolle und Mut.“ Diese Richtlinien hätte es in der traditionellen Kampfkunst seit jeher schon gegeben, so Bernhard Milner weiter. Das Shotokan-Karate legt besonderen Wert auf diese Richtlinien. Dies spiegelt sich auch in den 20 Grundregeln des Stilgründers Gichin Funakoshi wieder – deren erste und wichtigste da lautet: „Karate beginnt und endet mit Respekt.“