Während die Fußballer sich schon auf die Saison 2010/2011 vorbereiten, wird beim Verband parallel noch die abgelaufene Spielzeit nachbereitet. Auch bei den Unparteiischen laufen Vorschau und Rückblende zeitgleich. Markus Häbel, Vorsitzender des Kreis-Schiedsrichter-Ausschusses (KSA), sprach mit Mitarbeiter Felix zur Nieden über starke Aufsteiger und große Probleme mit wild gewordenen Eltern.
Am 30. Mai endete die Saison und auch die Relegation ist gespielt. Welches Fazit kann man nach dieser Spielzeit aus Sicht der Schiedsrichter ziehen?
Markus Häbel: Es war eine erfolgreiche Saison. Alles andere wäre untertrieben. Wir haben unter den Schiedsrichtern viele Aufsteiger mit Perspektive. Vor allem Nadine Matthes möchte ich da herausheben, die in kürzester Zeit den Sprung in die Landesliga geschafft hat und in der zweiten Bundesliga der Frauen als Assistentin eingesetzt wird. Aber auch Patrick Krauss ist zu nennen, der als 16-Jähriger schon bei den Senioren Spiele leitet. Viele junge Leute bleiben bei der Schiedsrichterei, so dass wir viele Spiele besetzen können. Außerdem haben wir bei so vielen jungen Talenten auch die Chance, einige in den höheren Bereich zu bringen und das ist toll.
Wie ist die Ausbildung in der letzten Saison gelaufen?
Sehr gut. Wir haben zwei Lehrgänge abhalten können. Einen mit rund 40 Teilnehmern und einen mit rund 20. Das ist nichts übermäßig Außergewöhnliches, aber es sind knapp 50 Leute noch dabei und das ist eine sensationelle Quote. Wir können jetzt auch wieder E-Junioren-Spiele besetzen, was früher nicht ging. Das können viele andere Kreise nicht leisten.
Ist also der Fußballkreis Herne/Castrop-Rauxel weiterhin die von Ihnen so oft beschriebene „Grüne Insel“ was das Schiedsrichterwesen angeht?
Ich denke schon. Wir haben wieder eine gute Altersstruktur bei den Unparteiischen aufbauen können. Leider fehlt uns die Mittelschicht von Schiedsrichtern im Alter von 30 bis 45 Jahren, aber der Unterbau ist gut. Das hängt auch damit zusammen, dass wir versuchen, für die jungen Schiedsrichter viel zu machen und erfahrene Schiedsrichter sie zu ihren Spielen begleiten.
Hat die Saison auch negative Seiten für die Schiedsrichter hervorgebracht? In der Spielzeit 2008/2009 gab es eine außergewöhnlich hohe Zahl Spielabbrüche.
Das ist deutlich zurück gegangen. Es gibt aber ein neues erschreckendes Problem. Es gibt derzeit ein alarmierend hohes Aggressionspotenzial bei Spielereltern. Es geht sogar bis hin zu Gewaltbereitschaft. Da schlagen sich Eltern untereinander oder beschimpfen sich wüst. Und diese Aggressionen übertragen sich auf das Spielfeld. Das darf nicht sein. In der abgelaufenen Saison mussten wir deutlich mehr als zehn Mal Eltern der Sportanlagen verweisen. Das muss sich sofort wieder ändern. Da müssen Schiedsrichter, Vereine, Trainer und Verband gemeinsam einwirken.
Hat sich der Fall „Amerell“ in irgendeiner Weise negativ auf die Schiedsrichter in den unteren Ligen ausgewirkt?
Nein, davon haben wir nichts bemerkt, aber das hat uns natürlich nicht gepasst. Wir Schiedsrichter sehen uns in dieser Form nicht gerne in den Medien. Wir wurden wie ein Geheimbund dargestellt und das trifft auf die Basis einfach nicht zu. Wir versuchen alles so transparent wie möglich zu gestalten und die Zusammenarbeit mit Vereinen und den Medien noch weiter zu intensivieren.
Welche Meinung haben Sie als Schiedsrichter von der Basis von den Leistungen der Unparteiischen bei der Fußball-Weltmeisterschaft?
Ich bin zutiefst erschüttert. Da wird keine Persönlichkeit gezeigt, keine Gestik, kein Fingerspitzengefühl bei der Regelinterpretation. Die Schiedsrichter werden leider zurecht von allen Seiten kritisiert. Würden wir in der Kreisliga so pfeifen, würden die Spiele alle aus dem Ruder laufen. Eine WM soll immer der Gradmesser sein, aber wenn die FIFA dieses Bild von der Schiedsrichterei hat, dann müssen wir uns auf Kreisebene dagegen wehren.
Was wünschen Sie sich für die nächste Saison?
Dass sich das Desaster der WM nicht bis in die unteren Ebenden durchschlägt und sich die Schiedsrichter hier im Kreis nicht von den Leistungen der Unparteiischen in Südafrika irritieren lassen. Sie sollen weiter so gut pfeifen wie in der letzten Saison.