Bochum. .
Für den Bochumer Stadtbaurat ist Stadtplanung „eine Vereinbarung von Menschen, die in einer Stadt zusammenleben“. Insofern wünscht Dr. Ernst Kratzsch sich von den Bochumer mehr Bürgerbeteiligung bei neuen Projekten.
„Es ist deutlich geworden, welch unheimlich komplexe Angelegenheit Stadtplanung ist“: Sichtlich beeindruckt zog Pfarrer Arno Lohmann, Leiter der Evangelischen Stadtakademie, ebendort am Dienstagabend sicher nicht nur für sich dieses Fazit nach dem fast zweistündigen Vortrag des Stadtbaurats Dr. Ernst Kratzsch „Quo vadis Bochum“ Eine Region und eine Stadt im Wandel“. Nach Rückblick und mit vielen Zahlen unterlegter Bestandsaufnahme die erste Einsicht: „Bochum gehört - wegen der Überalterung - zu den schrumpfenden Großstädten im postindustriellen Wandel“.
Kratzsch erinnerte an mehrere gleichzeitig auftretende, sich gegenseitig beeinflussende Probleme, mit denen Bochum zu kämpfen hat: Änderung des Bevölkerungsaufbaus, wirtschaftliche Umstrukturierung, Umwelt- und Naturschutz, keine auskömmlichen öffentliche Finanzen. Vor diesem Hintergrund gehe es darum, die Stadt zusammenzuhalten und lebenswert zu machen. Das sei Aufgabe der Stadtplanung und Stadtentwicklung - aber nicht nur: „Wir brauchen einen stärkeren Dialog, auch in öffentlichen Kreisen, darüber, was wir für die Stadt brauchen. Es muss mehr diskutiert werden.“ Es gehe um die Verständigung untereinander. Kratzsch: „Jeder muss in irgendeiner Form Opfer bringen, einen Beitrag leisten. Die Gesellschaft bricht auseinander, wenn jeder nur für sich etwas herausholen will.“
Entwicklungs-Scherpunkt Ruhr-Uni
Im übrigen zeigte sich Ernst Kratzsch überrascht, „wie wenig an Bürgerbeteiligung“ in Bochum laufe - auch im Vergleich zu Rheine, von wo er vor einigen Jahren hierhin kam. Denn Stadtplanung ist laut Kratzsch „eine Vereinbarung von Menschen, die in einer Stadt zusammenleben“. Und von daher bestätigte er auch in der Diskussion nochmals: „Beteiligung könnte mehr sein“, auch wenn das Moderationsverfahren für das Projekt Innenstadt schon etwas Neues für Bochum sei.
Bochum quo vadis? Neue Entwicklungsschwerpunkte sieht der Stadtbaurat „eindeutig“ bei der Ruhr-Universität. Und in den sieben akademischen Ausbildungsstätten in Bochum überhaupt - denn: „Die Hochschulen und Universitäten sind unsere Zechen der Zukunft.“ Kreativwirtschaft und Gesundheits-Campus durften natürlich nicht fehlen, genauso wenig wie der Versuch, durch den Wettbewerb „Innovation City“ neue, innovative Technologien der regenerativen Energien und der Energieeinsparung zu befördern.
Weitere Handlungsfelder der Stadtentwicklung in Stichworten:
- Zentralität, Verdichtung und Einzelhandel sichern (Mindestversorgung in Stadtteilen)
- Kommunale Nahversorgung gewährleisten
- Mobilität ermöglichen und sichern (mehr Radwege)
- Technische Infrastruktur sichern und bezahlbar machen (Wasser, Energie)
- Wohnen und Wohnungen anpassen
- Bauland-Initiative starten („Neubau zwischen Altbau“)
Am Ende des Abends dann die Einsicht: Eigentlich braucht solch ein großes Thema ein Tagesseminar. Auf jeden Fall wird Dr. Kratzsch 2011 zwei stadtplanerische Radführungen anbieten.