Bochum. .
In der vergangenen Woche pries das NRW-Wirtschaftsministerium den Erfolg des Projektes „Wachstum für Bochum“ und die bald 1500 Jobs auf dem Nokia-Gelände. Das gehört aber nur scheinbar zusammen und zeigt, wie Berechnungen über Arbeitsplätze auf dem Areal den Blick auf die Wirklichkeit verstellen.
Für Irritationen sorgte NRW-Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) in der vergangenen Woche. In einem Atemzug pries ihr Ministerium den Erfolg des 73-Millionen-Projektes „Wachstum für Bochum“ und die bald 1500 Arbeitsplätze auf dem Nokia-Gelände. Doch beides gehört nur scheinbar zusammen. Das Wachstums-Projekt ist unter anderem gespeist von Nokia-Millionen. Nur diese spielen für die Arbeitsplätze in den Hallen der ehemaligen Handy-Schmiede gar keine Rolle.
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Das unterstreicht Heinz-Martin Dirks, Leiter der Bochumer Wirtschaftsförderung: „Für die Ansiedlungen auf dem Nokia-Gelände ist nicht ein Euro an Subventionen geflossen. Diese Dinge muss man auseinanderhalten.“ Dies sei allein der Initiative des Essener Immobilien-Unternehmers und Objektentwicklers Wolfgang Thelen zu verdanken, dem das Gelände jetzt gehört.
30 Projekte wurden bislang gefördert
Aus dem Programm „Wachstum für Bochum“ wurden bislang 30 Projekte gefördert, 73 Millionen Euro an Fördermitteln und zusätzlich 30 Millionen an Eigenmitteln der Unternehmen flossen. Doch noch lassen sich mit diesen beträchtlichen Summen keine beträchtlichen Zahlen neuer Arbeitsplätze ausweisen.
Finanziert werden ganz unterschiedliche Projekte. Das Angebot reicht von Unternehmensgründungen, Studien, Infrastrukturmaßnahmen wie das Geothermiezentrum, Erschließung Gewerbepark Hiltrop oder auch Maßnahmen in Nachbarstädten wie Logpark Grimberg (Herne) oder die Gewerbliche Mitte Blumenthal (Recklinghausen). Erst mittelfristig, so das Ministerium, sollten durch das Programm 2900 Menschen in Lohn und Brot kommen. Doch die aktuelle Bewegung auf dem Arbeitskräftemarkt entsteht ein wenig anders:
Jürgen Schnitzmeier, Leiter der Mülheimer Wirtschaftsförderungsgesellschaft „Mülheim & Business“, der vergeblich versucht hatte, die jetzt auf das Nokia-Gelände gezogene Firma Roeser mit ihren 260 Mitarbeitern zu halten, sagt dazu: „Wenn nur Arbeitsplätze von der einen in die andere Stadt verlagert werden, ist das doch kein Vorankommen für unsere Region.“ Solche Verlagerungseffekte sollten überhaupt nicht überbewertet werden.
„Das kann ich nicht nachvollziehen“
Noch deutlicher hatte Hattingens Bürgermeisterin Dr. Dagmar Goch reagiert: „Hier hat Air Products ein abgeschriebenes, gut erhaltenes Gebäude, in Bochum müssen sie Miete zahlen – das kann ich nicht nachvollziehen.“ Hattingens oberster Wirtschaftsförderer Martin Serres unterstreicht dies: „Diese Entscheidung verstehe ich nicht.“ Air Products hatte Mitte April angekündigt, mit rund 170 Verwaltungs-Mitarbeitern ebenfalls zum Nokia-Areal zu wechseln.
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Dabei kennen sich die Wirtschaftsförderer aus diesen drei Städten natürlich gut und geben – offiziell jedenfalls – an, nicht aktiv Unternehmen von anderen Städten abzuwerben. Doch Dirks räumt ein:„Natürlich hat es im Zusammenhang mit dem Projekt ‘Wachstum für Bochum’ eine offensive Kampagne gegeben.“
Tillmann Neinhaus, Hauptgeschäftsführer der IHK Bochum, sieht, dass die Geschichte aus der vergangenen Woche unglücklich gelaufen ist. „Natürlich befinden wir uns jeden Tag im Wettbewerb untereinander.“ Er schätzt, dass es sich bei den Arbeitsplätzen bei rund 85 Prozent um Verlagerungen handelt und nur der Rest wirklich neu geschaffene Jobs sind.
Äußerst skeptisch beobachtet DGB-Regionsvorsitzender Michael Hermund die vollmundigen Versprechungen. „Das ist ein Nullsummenspiel. Es riecht doch förmlich danach, dass hier öffentliche Gelder fließen und die Unternehmen sich damit lediglich ihren Umzug finanzieren.“