Bochum. Im Steuerkomplex Liechtenstein gab es weitere Durchsuchungen, weitere Steuernachzahlungen, weitere Strafverfahren - das teilte die Bochumer Staatsanwaltschaft auf Anfrage der WAZ mit. Und Ex-Postchef Klaus Zumwinkel hat seine Geldauflage bis heute nicht gezahlt.

Im Mammut-Verfahren der Bochumer Staatsanwaltschaft gegen deutsche Steuersünder, die in Liechtenstein heimlich ihr Vermögen gebunkert hatten, hat es am Dienstag eine weitere Durchsuchung bei einem Beschuldigten gegeben. Das teilte am Mittwochmorgen Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek auf Anfrage der WAZ mit. Wo die Bochumer Fahnder ihren unangemeldeten Besuch abstatteten, wollte Bienioßek nicht sagen. Mit der Aktion ist die Anzahl der Durchsuchungen im Komplex Liechtenstein auf 366 angewachsen.

Fleißig auf der Suche nach überfälligen Steuer-Millionen

Klaus Zumwinkel. Foto: ddp
Klaus Zumwinkel. Foto: ddp © ddp

Die neuerliche Razzia zeigt, dass die Bochumer Ermittler weiter fleißig auf der Suche nach überfälligen Steuer-Millionen sind. Seit Beginn der Ermittlungen im Februar 2008 haben sie von den Beschuldigten insgesamt 173 Millionen Euro an vorläufigen Steuernachzahlungen eingesammelt, wie Bienioßek mitteilte. Und das sind nur Abschlagszahlungen. Weitere 16,8 Millionen hat die Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität im Wege des § 153 a der Strafprozessordnung in die Staatskasse und in die Kassen gemeinnütziger Einrichtungen gespült. § 153 a bedeutet eine Einstellung des Verfahrens gegen Geldauflage. Rund 100 Fälle sind auf diese Weise erledigt worden.

220 Selbstanzeigen

Die Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren ist ebenfalls stetig angewachsen: auf jetzt 560. Vor einem halben Jahr waren es noch 490. Von diesen Beschuldigten (pro Verfahren sind dies teilweise mehrere) haben 220 eine Selbstanzeige erstattet. Sie alle haben die Hoffnung, dass ihnen daddurch eine Strafsanktion erspart bleibt oder diese zumindest abgemildert wird. Und dass sie nur mit den reinen Steuernachzahlungen davonkommen.

Zumwinkel spart jeden Tag 82 Euro Zinsen

Trotz der riesigen Anzahl der Fälle hat es bisher nur vier Strafprozesse gegeben. Darunter den gegen Ex-Postchef Klaus Zumwinkel. Er bekam Ende Januar 2009 in Bochum zwei Jahre Haft auf Bewährung. Die eine Million Euro Geldauflage (Bewährungsauflage) zugunsten des Staates und gemeinnütziger Einrichtungen hat Multimillionär Zumwinkel aber bis zum heutigen Tage nicht gezahlt, wie das Bochumer Landgericht auf WAZ-Anfrage am Mittwoch mitteilte. Der 66-Jährige hat dafür zwar eine Frist bis Jahresende eingeräumt bekommen, aber die nutzt er offenbar komplett aus. Pro Tag spart er viele Zinsen. Bei einem Zinssatz von drei Prozent wären dies pro Tag rund 82 Euro. Zum Zeitpunkt des Urteils war dem Gericht nicht bekannt gewesen, dass sich Zumwinkel seine Rentenansprüche (20 Millionen Euro) auf einen Schlag auszahlen lässt. Das ist bereits vor längerer Zeit geschehen.

"Weitere Anklage in Vorbereitung"

Ob und wann ein weiterer Prozess stattfindet, ist noch unklar. Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek sagte nur: „Derzeit ist eine weitere Anklage in Vorbereitung.” Ins Gefängnis musste bisher kein einziger „Liechtensteiner” Steuersünder. Auch nicht jener Immobilien-Kaufmann (67) aus Hessen, der 7,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen hatte. Auch er bekam eine Bewährungsstrafe plus dicker Geldauflage - sie war genau so hoch wie der Steuerschaden, den er hat begleichen müssen.